Teil 1: Was ist eine Wärmebrücke?

Kurzbeschreibung: Eine Wärmebrücke wird rein formal-theoretisch als Abweichung von der materialhomogenen, planen, unendlich ausgedehnten Ebene definiert. Die Bedeutung der Abweichung der Realität von diesen drei idealisierten Eigenschaften der Gebäudehülle wird diskutiert. Wärmebrücken - Basics
Eine Serie in drei Teilen
Teil 1: Was ist eine Wärmebrücke?

Univ. Prof. Dr. Wolfgang Feist:
Wärmebrücken in dem bauphysikalischen Sinn habe ich natürlich immer und unvermeidlich, weil die Wärmebücke per Defintionem einfach die Abweichung des Wärmestroms gegenüber der ungestörten unendlich ausgedehnten Außenwand planparallelen Wand ist. Ich habe immer irgendein eingebautes Fenster, einen Kontakt zu einer Bodenplatte, ein Dach, das irgendwo anschließt. Ich kann allerdings die Effekte, die mir die Wärmebrücken machen, verringern, indem ich das ordentlich plane.
Was ist eine Wärmebrücke?

Beginnen wir für das Verständnis des Begriffs "Wärmebrücke" statt mit einer allgemeinen und abstrakten Definition mit einem Beispiel.
Gehen wir von einer Außenwand eines beheizten Raumes aus. Diese Wand sei mit Wärmedämmplatten wärmegedämmt. In der Heizperiode geht durch sie Wärme verloren, die Wand leitet die Wärme mit einer bestimmten Verlustrate von innen nach außen.

Dieser Wärmefluss der sogenannten "ungestörten Wand" wird verändert, wenn wir den Aufbau der Wand lokal verändern, ihn also "stören". Eine typische lokale Veränderung ist z. B.: Wir schlagen einen Dübel von außen in die Wand, um die Wärmedämmplatte statisch zu sichern. Der Dübel besteht im Kern aus Metall und leitet Wärme daher viel besser als das umgebende Dämmmaterial der Dämmplatte und sogar besser als das Material des tragenden Teils der Wand. Wir haben mit dem Dübel eine Wärmebrücke in dem Bauteil der gedämmten Außenwand geschaffen.

Die Wärmebrücke stellt somit einen kleineren, abgegrenzten Bereich in der thermischen Hülle eines Gebäudes dar, in der es zu einem anderen Wärmeabfluss kommt, als das die Umgebung vermuten ließe. In praktisch allen baurelevanten Fällen ist der Wärmefluss höher als im ungestörten Fall. Der Fall eines Wärmeflusses, der aufgrund einer Wärmebrücke niedriger wäre, kommt fast nie vor.

In unserem Beispiel wäre die "Umgebung" die gedämmte, ungestörte Außenwand und der kleinere, abgegrenzte Bereich jener Bauteilbereich, in der der Dübel in der Wand sitzt.

Was ist eine Wärmebrücke, genauer betrachtet?

Die "Wärmebrücke" ist zunächst ein gedankliches Hilfskonstrukt. Der Begriff hilft uns, den komplexen realen Aufbau und das reale Verhalten der thermischen Hülle eines Gebäudes besser zu verstehen. Wenn wir den Wärmefluss durch ein Gebäude erfassen und Oberflächentemperaturen von Bauteilen berechnen wollen, müssen wir zuerst einen Überblick über die thermische Hülle eines Gebäudes erhalten. Wir müssen das "Phänomen beschreiben", wie es in der Naturwissenschaft heißt.

Um die thermische Hülle zu erfassen, idealisieren wir diese Hülle also zunächst, das heißt, wir nehmen Vereinfachungen gegenüber der Realität vor: Wir setzen die Hülle gedanklich aus in sich homogenen, plattenähnlichen Stücken zusammen und fassen die Hülle also auf, als wäre sie zusammengesetzt aus einer in sich homogenen Außenwand, aus in sich homogenen Fenstern, aus einer in sich homogenen Bodenplatte, aus in sich homogenen Dachschrägen etc. Alle diese Bauteile werden in unserer Idealisierung überdies als perfekt plan angenommen.

Die erste Idealisierung besteht also darin, dass wir die Bauteile als materialbezogen in sich völlig homogen auffassen. In der Bausprache formuliert, würde die Idealisierung so lauten: "Das Haus hat einen 38er-Ziegel mit 10 cm Wärmedämmung."

Eine weitere Idealisierung betrifft jene, die für die Berechnung des Wärmeflusses durch einen Bauteil erforderlich ist: Für diese Aufgabe wurde der Begriff des "U-Werts" bzw. des Wärmedurchgangskoeffizienten eingeführt. Dazu wird der Bauteil als perfekt eben angenommen. Ebene Flächen sind rechnerisch leicht zu beherrschen. Eine weitere Idealisierung, die bei der Vorstellung des Konzepts des U-Werts meist nicht so deutlich zutage tritt, ist, dass der Bauteil nicht nur als perfekt eben, sondern auch als unendlich ausgedehnt angenommen wird. Er stößt also, was die Berechnung des Wärmeflusses pro Quadratmeter, also des flächenspezifischen Wärmeflusses, betrifft, nie an irgendeinen anderen Bauteil und kann daher keine sogenannten Randeffekte der Wärmeleitung zeigen, das wäre vor allem Wärme, die schräg in einen anderen Bauteil hineinfließt. Anders gesagt: Unsere Bauteile werden, wenn wir erst einmal den U-Wert über Schichtdicken und Wärmeleitfähigkeiten der einzelnen Schichten ermittelt haben, als unendlich dünn idealisiert, sie sind in unseren Augen Papierblätter sozusagen mit einem ermittelten U-Wert. Aneinander stoßende Papierblätter zeigen auch keine Randeffekte.

Und jetzt wieder zur Wärmebrücke:
Das Phänomen "Wärmebrücke" stellt einfach die Ursache für die Abweichung des realen Wärmeflusses von dem idealisierten Wärmefluss durch eine idealisierte thermische Hülle dar. Die Abweichungen der Realität vom Konzept ergeben sich aus den vorgenommenen Idealisierungen. Wir wollen hier die wichtigsten Abweichungen auflisten:

Erstens: Der wichtigste Umstand zuerst: Bauteile sind materialbezogen nicht in sich homogen. Bauphysikalisch ganz gravierende Abweichungen vom ermittelten Wärmefluss und Oberflächentemperaturen sind daher dort zu finden, wo wir mit der Idealisierung der Materialhomogenität völlig danebenliegen, wo also lokal die Wärmeleitfähigkeit extrem von der angenommenen durchschnittlichen Wärmeleitfähigkeit des Bauteils abweicht, ja bis zum Hundert- oder Tausendfachen im Falle metallischer Bauteile, die die wärmedämmende Hülle durchstoßen. Diese Art von Wärmebrücke wird materialtechnische Wärmebrücke genannt und ist die bauphysikalisch mit Abstand bedeutendste Art von Wärmebrücke. Andere Bezeichnungen für diese Art von Wärmebrücken sind stoffbedingte oder konstruktive Wärmebrücken.

Zweitens: Unsere thermische Hülle ist nicht aus unendlich dünnen Platten aufgebaut, die jede lediglich durch einen einzigen U-Wert zu charakterisieren wären. Dies zeigt das simple Beispiel einer Fensterlaibung. Hier macht die Innenoberfläche der Außenwand plötzlich einen Knick. Unsere ideale Platte der Außenwand zeigt uns plötzlich, dass sie auch eine Stirnseite besitzt; die Fensterlaibung. Über diese Stirnseite des Bauteils kann auch noch Wärme aus dem Innenraum aufgenommen und nach außen geleitet werden.

Bauteile sind also nicht flächen- sondern körperhaft, daher kommt es an jenen Stellen zu Randeffekten, wo die Bauteile enden, also an Luft grenzen bzw. wo sie an andere Bauteile stoßen. Nicht nur haben Bauteile real eine Dicke, sie sind überdies nicht perfekt eben. Sie machen z. B. Knicke, die wichtigsten Knicke sind Gebäudeecken. Eine Gebäudeecke bedeutet wärmetechnisch einfach eine, bezogen auf die gesamte Innenoberfläche vergrößerte Wärmeabgabefläche, verglichen mit einer perfekt planen Wand mit derselben Innenoberfläche. Diese Art einer Wärmebrücke wird als form- oder geometriebedingte Wärmebrücke bezeichnet. Wärmebrücken - Basics
Eine Serie in drei Teilen
Teil 1: Was ist eine Wärmebrücke?

Univ. Prof. Dr. Wolfgang Feist:
Wärmebrücken in dem bauphysikalischen Sinn habe ich natürlich immer und unvermeidlich, weil die Wärmebücke per Defintionem einfach die Abweichung des Wärmestroms gegenüber der ungestörten unendlich ausgedehnten Außenwand planparallelen Wand ist. Ich habe immer irgendein eingebautes Fenster, einen Kontakt zu einer Bodenplatte, ein Dach, das irgendwo anschließt. Ich kann allerdings die Effekte, die mir die Wärmebrücken machen, verringern, indem ich das ordentlich plane.
Was ist eine Wärmebrücke?

Beginnen wir für das Verständnis des Begriffs "Wärmebrücke" statt mit einer allgemeinen und abstrakten Definition mit einem Beispiel.
Gehen wir von einer Außenwand eines beheizten Raumes aus. Diese Wand sei mit Wärmedämmplatten wärmegedämmt. In der Heizperiode geht durch sie Wärme verloren, die Wand leitet die Wärme mit einer bestimmten Verlustrate von innen nach außen.

Dieser Wärmefluss der sogenannten "ungestörten Wand" wird verändert, wenn wir den Aufbau der Wand lokal verändern, ihn also "stören". Eine typische lokale Veränderung ist z. B.: Wir schlagen einen Dübel von außen in die Wand, um die Wärmedämmplatte statisch zu sichern. Der Dübel besteht im Kern aus Metall und leitet Wärme daher viel besser als das umgebende Dämmmaterial der Dämmplatte und sogar besser als das Material des tragenden Teils der Wand. Wir haben mit dem Dübel eine Wärmebrücke in dem Bauteil der gedämmten Außenwand geschaffen.

Die Wärmebrücke stellt somit einen kleineren, abgegrenzten Bereich in der thermischen Hülle eines Gebäudes dar, in der es zu einem anderen Wärmeabfluss kommt, als das die Umgebung vermuten ließe. In praktisch allen baurelevanten Fällen ist der Wärmefluss höher als im ungestörten Fall. Der Fall eines Wärmeflusses, der aufgrund einer Wärmebrücke niedriger wäre, kommt fast nie vor.

In unserem Beispiel wäre die "Umgebung" die gedämmte, ungestörte Außenwand und der kleinere, abgegrenzte Bereich jener Bauteilbereich, in der der Dübel in der Wand sitzt.

Was ist eine Wärmebrücke, genauer betrachtet?

Die "Wärmebrücke" ist zunächst ein gedankliches Hilfskonstrukt. Der Begriff hilft uns, den komplexen realen Aufbau und das reale Verhalten der thermischen Hülle eines Gebäudes besser zu verstehen. Wenn wir den Wärmefluss durch ein Gebäude erfassen und Oberflächentemperaturen von Bauteilen berechnen wollen, müssen wir zuerst einen Überblick über die thermische Hülle eines Gebäudes erhalten. Wir müssen das "Phänomen beschreiben", wie es in der Naturwissenschaft heißt.

Um die thermische Hülle zu erfassen, idealisieren wir diese Hülle also zunächst, das heißt, wir nehmen Vereinfachungen gegenüber der Realität vor: Wir setzen die Hülle gedanklich aus in sich homogenen, plattenähnlichen Stücken zusammen und fassen die Hülle also auf, als wäre sie zusammengesetzt aus einer in sich homogenen Außenwand, aus in sich homogenen Fenstern, aus einer in sich homogenen Bodenplatte, aus in sich homogenen Dachschrägen etc. Alle diese Bauteile werden in unserer Idealisierung überdies als perfekt plan angenommen.

Die erste Idealisierung besteht also darin, dass wir die Bauteile als materialbezogen in sich völlig homogen auffassen. In der Bausprache formuliert, würde die Idealisierung so lauten: "Das Haus hat einen 38er-Ziegel mit 10 cm Wärmedämmung."

Eine weitere Idealisierung betrifft jene, die für die Berechnung des Wärmeflusses durch einen Bauteil erforderlich ist: Für diese Aufgabe wurde der Begriff des "U-Werts" bzw. des Wärmedurchgangskoeffizienten eingeführt. Dazu wird der Bauteil als perfekt eben angenommen. Ebene Flächen sind rechnerisch leicht zu beherrschen. Eine weitere Idealisierung, die bei der Vorstellung des Konzepts des U-Werts meist nicht so deutlich zutage tritt, ist, dass der Bauteil nicht nur als perfekt eben, sondern auch als unendlich ausgedehnt angenommen wird. Er stößt also, was die Berechnung des Wärmeflusses pro Quadratmeter, also des flächenspezifischen Wärmeflusses, betrifft, nie an irgendeinen anderen Bauteil und kann daher keine sogenannten Randeffekte der Wärmeleitung zeigen, das wäre vor allem Wärme, die schräg in einen anderen Bauteil hineinfließt. Anders gesagt: Unsere Bauteile werden, wenn wir erst einmal den U-Wert über Schichtdicken und Wärmeleitfähigkeiten der einzelnen Schichten ermittelt haben, als unendlich dünn idealisiert, sie sind in unseren Augen Papierblätter sozusagen mit einem ermittelten U-Wert. Aneinander stoßende Papierblätter zeigen auch keine Randeffekte.

Und jetzt wieder zur Wärmebrücke:
Das Phänomen "Wärmebrücke" stellt einfach die Ursache für die Abweichung des realen Wärmeflusses von dem idealisierten Wärmefluss durch eine idealisierte thermische Hülle dar. Die Abweichungen der Realität vom Konzept ergeben sich aus den vorgenommenen Idealisierungen. Wir wollen hier die wichtigsten Abweichungen auflisten:

Erstens: Der wichtigste Umstand zuerst: Bauteile sind materialbezogen nicht in sich homogen. Bauphysikalisch ganz gravierende Abweichungen vom ermittelten Wärmefluss und Oberflächentemperaturen sind daher dort zu finden, wo wir mit der Idealisierung der Materialhomogenität völlig danebenliegen, wo also lokal die Wärmeleitfähigkeit extrem von der angenommenen durchschnittlichen Wärmeleitfähigkeit des Bauteils abweicht, ja bis zum Hundert- oder Tausendfachen im Falle metallischer Bauteile, die die wärmedämmende Hülle durchstoßen. Diese Art von Wärmebrücke wird materialtechnische Wärmebrücke genannt und ist die bauphysikalisch mit Abstand bedeutendste Art von Wärmebrücke. Andere Bezeichnungen für diese Art von Wärmebrücken sind stoffbedingte oder konstruktive Wärmebrücken.

Zweitens: Unsere thermische Hülle ist nicht aus unendlich dünnen Platten aufgebaut, die jede lediglich durch einen einzigen U-Wert zu charakterisieren wären. Dies zeigt das simple Beispiel einer Fensterlaibung. Hier macht die Innenoberfläche der Außenwand plötzlich einen Knick. Unsere ideale Platte der Außenwand zeigt uns plötzlich, dass sie auch eine Stirnseite besitzt; die Fensterlaibung. Über diese Stirnseite des Bauteils kann auch noch Wärme aus dem Innenraum aufgenommen und nach außen geleitet werden.

Bauteile sind also nicht flächen- sondern körperhaft, daher kommt es an jenen Stellen zu Randeffekten, wo die Bauteile enden, also an Luft grenzen bzw. wo sie an andere Bauteile stoßen. Nicht nur haben Bauteile real eine Dicke, sie sind überdies nicht perfekt eben. Sie machen z. B. Knicke, die wichtigsten Knicke sind Gebäudeecken. Eine Gebäudeecke bedeutet wärmetechnisch einfach eine, bezogen auf die gesamte Innenoberfläche vergrößerte Wärmeabgabefläche, verglichen mit einer perfekt planen Wand mit derselben Innenoberfläche. Diese Art einer Wärmebrücke wird als form- oder geometriebedingte Wärmebrücke bezeichnet.

Teil 2: Welche Probleme können durch Wärmebrücken entstehen?

Kurzbeschreibung: Die wesentlichen Probleme einer Wärmebrücke können Schimmelbildung – gegebenenfalls auch Tauwasserausfall - mangelnde Behaglichkeit (Kaltluftabfall bzw. Zugluft), erhöhte Staubablagerungen und natürlich erhöhter Heizwärmebedarf sein. Planerische Regeln zur Verringerung von Wärmebrückeneffekten werden angegeben: Vermeidungs-, Durchstoßungs-, Anschluss- und Geometrieregel, bzw. übergreifend: Die "Stiftregel" (mit rotem Stift die dämmende Hülle entlangfahren und alle möglichen Unterbrechungen der Dämmung vermeiden bzw. beheben). Siehe dazu auch das entsprechende File "LUF-BAS3-LuftdichtBauenBasics-DieLuftdichteEbene". Der Begriff der "zertifiziert wärmebrückenfreien Konstruktion" wird vorgestellt. Interessante Detailaussage: Eine auskragende Balkonplatte kann alleine durch ein WDVS bezüglich des Schimmelrisikos entschärft werden. Wärmebrücken - Basics, Teil 2: Welche Probleme können durch Wärmebrücken entstehen?
Planerische Regeln zur Verringerung von Wärmebrückeneffekten

Das Ausmaß der Abweichung der Realität vom idealen Konzept der thermischen Hülle eines Gebäudes kann bezüglich der wichtigsten bauphysikalischen Parameter, nämlich Oberflächentemperatur und Wärmestrom, unterschiedlich groß sein. Sie kann so groß sein, dass sie zu Bauschäden, vor allem durch unvorhergesehenen Tauwasserausfall führt - dieses Risiko besteht vor allem bei materialtechnischen Wärmebrücken, oder aber die Abweichung kann vernachlässigbar klein sein - z. B. bei einer Fensterlaibung, bei der die Außenwärmedämmung den Fensterrahmen gut überdämmt..

In der kalten Periode, während der es bei Wärmebrücken zu erhöhtem Wärmeabfluss kommt, können also folgende Probleme im Zusammenhang mit Wärmebrücken entstehen:
1. Schimmelbildung und gegebenenfalls auch Tauwasserausfall an Innenoberflächen oder im Bauteil.

2. Komfortminderung durch niedrige Innenoberflächentemperaturen, höheres Risiko von Kaltluftabfall und Behaglichkeitsproblemen durch Zugluft.
3. Erhöhte Staubablagerungen durch höhere Luft- und Bauteilfeuchte im Wärmebrückenbereich.
4. Erhöhung des tatsächlichen Heizwärmebedarfs gegenüber jenem Heizwärmebedarf, der planerisch resultiert, wenn man die Wärmebrücken nicht berücksichtigt.

Entscheidend ist, die negativen Wirkungen von Wärmebrücken so weit zu minimieren, dass sie bauphysikalisch bei üblichen Raumnutzungen keine unakzeptabel negativen Folgen haben, also insbesondere weder zu Tauwasserausfall noch zu Schimmelbildung führen.

Planerische Regeln zur Verringerung von Wärmebrückeneffekten

1. Vermeidungsregel:
Die wärmedämmende Hülle sollte nach Möglichkeit nicht unterbrochen werden.

2. Durchstoßungsregel:
Wenn eine Unterbrechung der Dämmschicht unvermeidbar ist, so sollte die Wärmeleitfähigkeit der Materialien, die anstelle des Dämmstoffs verwendet werden, gering sein. Also z.B. Verwendung von Porenbeton oder noch besser von Holz anstelle von Ziegel oder Stahlbeton.

3. Anschlussregel:
Die Dämmlagen an Bauteilanschlüssen sind lückenlos ineinander überführen, ein Anschluss ist also in der vollen Fläche herzustellen.

4. Geometrieregel:
Kanten an Bauteilen sollten möglichst einen stumpfen Winkel aufweisen. Dies hat damit zu tun, dass es die angesprochenen Randeffekte gibt. Vergessen wir nicht: Unsere Bauteile sind keine Papierblätter, wie in der Idealisierung sondern haben eine relevante Dicke.

Weiters ist zu beachten, dass punktuelle Wärmebrücken wie z. B. eine Halterung für eine Außenleuchte im allgemeinen weniger relevant sind als lineare Wärmebrücken wie z. B. eine auskragende Balkonplatte. Daher sollten lineare Durchdringungen nach Möglichkeit auf statisch notwendige punktuelle Durchdringungen reduziert werden.

Wolfgang Feist, Universität Innsbruck und Leiter des Passivhausinstituts in Darmstadt, bringt die Planungsgrundsätze für wärmebrückenfreies Bauen, folgendermaßen auf den Punkt:

Univ. Prof. Dr. Wolfgang Feist:
Das ordentliche Planen geht im Grundsatz sogar sehr einfach. Ich muss dafür sorgen, dass die eigentliche wärmedämmende Schicht systematisch überall durchgeht. Dass ich mit einem breiten Stift durch die wärmedämmende Schicht hindurchfahren kann, überall ohne abzusetzen. Dann habe ich eine Konstruktion, die letztendlich von der Wärmebrückenwirkung her vernachlässigbar ist und das definieren wir dann als wärmebrückenfreies Konstruieren.
Sprecher 1 / 2:
Wärmebrückenfreies Konstruieren bedeutet also, dass die Wärmebrücken soweit minimiert werden, dass deren Wirkung, bezogen auf die gesamten thermischen Verluste der Gebäudehülle, vernachlässigbar gering ist. Das Passivhausinstitut in Darmstadt hat sogenannte wärmebrückenfreie Konstruktionen zertifiziert, was eine wesentliche Planungshilfe darstellt.

Univ. Prof. Dr. Wolfgang Feist:
Wir haben dafür noch konkrete Kriterien gesetzt, die werden überprüft bei den zertifizierten Systemen und ich kann sicher sein, wenn ich ein solches System verwende, dann kann ich alle dort vorkommenden Wärmebrücken einfach vernachlässigen, das erleichtert mir den Planungsprozess bedeutend.
Die auskragende Balkonplatte - eine "klassische Wärmebrücke" und deren Entschärfung

Eine auskragende Balkonplatte ist als horizontale Verlängerung der Geschossdecke nach außen ausgeführt, also quasi "durchbetoniert". Da Geschossdecke und Balkonplatte in diesem Fall also materialtechnisch ein einziges mehr oder weniger homogenes Stück sind, erfolgt eine starke Wärmeleitung nach außen, die Balkonplatte wirkt wie eine in die Atmosphäre ragende Kühlrippe.
Diese im unsanierten Fall also sehr starke Wärmebrücke kann dennoch relativ einfach auf ein verträgliches Maß reduziert werden, wie Wolfgang Feist ausführt:

Univ. Prof. Dr. Wolfgang Feist:
Das extremste Beispiel, was ich an der Stelle den Studenten immer auch zeige, ist, wenn ich im Altbau ein Gebäude habe mit einer auskragenden Stahlbetondecke, was eine Katastrophenwärmebrücke ist und wo ich den Schimmel an der Decke vielleicht schon sehe, was sehr oft ein Problem darstellt.
Wenn ich jetzt ein solches Objekt auf der Außenseite dämme und zwar nur die Regelflächen, nur die Außenwand, die aber systematisch, und den Balkon lasse, also nicht abschneide, dann bleibt da eine bedeutende Wärmebrücke, also der Wärmeverlust ist bedeutend höher als es aufgrund der sehr guten Dämmung sein würde.
Aber das Interessante ist, dass sich die Bauschadensträchtigkeit dieser Wärmebrücke auf Null reduziert. Aufgrund der Temperaturanhebung, die ich in der Regelkonstruktion schaffe, heben sich auch die Temperaturen durch Querleitung an den kritischen Stellen an, ich habe also kein Problem mehr. Die verbesserte Dämmung entschärft die Wärmebrückenprobleme, es bleiben natürlich die hohen Verluste, weshalb man das in einem Neubau nicht macht und weshalb man überall da, wo es im Altbau geht, versucht, das zu reduzieren, aber es ist nicht so, dass man es unbedingt abschneiden muss. Weil ich dann sage, mit diesem Zusatzverlust kann ich leben, es wird dann halt kein Passivhaus. Ich kann da nach den Regeln der Vernunft mit einem vertretbaren baulichen Aufwand die Sanierung machen.

Teil 3: Rechnerische Berücksichtigung von Wärmebrücken, Zusammenfassung

Kurzbeschreibung: Die Wirkung einer Wärmebrücke auf den Heizwärmebedarf wird in einem ersten Grobansatz über einen pauschalierten "Wärmebrückenzuschlag" als Zuschlag zum Leitwert des ungestörten Gebäudes berücksichtigt ("ungestört": Leitwert des Gebäudes, bei dem Wärmebrückeneffekte in der Berechnung noch nicht berücksichtigt wurden). Eine Detailberücksichtigung von Wärmebrücken erfolgt durch eine separate Ermittlung der Wärmebrückenwerte für alle wichtigen Wärmebrücken, wie es z. B. im PHPP ausgeführt wird. Die Begriffe "lineare" und "punktförmige" Wärmebrücke werden erläutert. Wärmebrücken-Basics, Teil 3: Rechnerische Berücksichtigung von Wärmebrücken, Zusammenfassung

Setzt man keine zertifizierten wärmebrückenfreien Konstruktionen ein, müssen Wärmebrücken in der Berechnung des Heizwärmebedarfes und der Heizlast berücksichtigt werden.
Die rechnerische Berücksichtigung erfolgt durch einen Zuschlag zum Leitwert des Gebäudes, wie er ohne Berücksichtigung der Wärmebrücken ermittelt wurde.

Der Leitwert ohne Wärmebrückenzuschläge resultiert aus der Summe der einzelnen Leitwerte pro Bauteil. Für einen einzelnen Bauteil wird der Leitwert (in Watt pro Kelvin) durch Multiplikation des U-Werts des Bauteils mit der Bauteilfläche und ggf. einem Temperaturkorrekturfaktor errechnet.

Der "Wärmebrückenzuschlag" zum Leitwert kann einerseits pauschal berechnet werden. Dazu gibt es eine Berechnungsformel, die als wesentliche Parameter den Leitwert des Gebäudes ohne Wärmebrücken und das Oberflächen-/Volumsverhältnis des Gebäudes beinhaltet. Dieser pauschale Zuschlag ist allerdings ein sehr grober Ansatz.

Genauer und auch nachvollziehbarer ist es, wenn alle relevanten Wärmebrücken eines Gebäudes identifiziert, und für jede Wärmebrücke ein eigener Zuschlag zu ermittelt wird. Es wird zwischen linearen und punktförmigen Wärmebrücken unterschieden.
Lineare Wärmebrücken sind z. B. Fensterlaibungen oder Einbindungen von Geschoßdecken in die Außenwand. Sie verlaufen also auf der Oberfläche der thermischen Hülle des Gebäudes entlang einer Linie (praktisch immer ist das eine Gerade). Rechnerisch werden lineare Wärmebrücken in einem Zwischenschritt durch zwei Angaben charakterisiert: Ihr spezifischer, nämlich auf einen Meter Wärmebrücke bezogener, Leitwertzuschlag und ihre Länge, also ihre lineare Ausdehnung. Erst die Multiplikation dieser beiden Werte ergibt den Leitwertzuschlag der Wärmebrücke. Der spezifische Wärmebrückenzuschlag (pro Meter) einer linearen Wärmebrücke wird auch als linearer Wärmebrückenverlustkoeffizient oder Psi-Wert bezeichnet. Die Einheit des Psi-Werts ist W/mK (Watt pro Meter Kelvin).
Punktförmige Wärmebrücken entstehen beispielsweise bei Säulen, Stützen oder Dübeln. Diese werden rechnerisch durch punktuelle Wärmebrückenverlustkoeffizienten berücksichtigt. Diese Koeffizienten werden auch als Chi-Werte bezeichnet, die Einheit ist Watt pro Kelvin.

Werte für lineare oder punktuelle Wärmebrückenverlustkoeffizienten können aus Wärmebrückenkatalogen entnommen werden. In Fällen, in denen nicht auf Wärmebrückenkataloge zurückgegriffen werden kann, d.h. in komplexeren bzw. nicht standardisierten Fällen müssen die Wärmebrückenverlustkoeffizienten mit Hilfe einer Wärmebrücken-Simulationssoftware berechnet werden.

Wichtig ist auch, dass bei den Werten von Wärmebrückenverlustkoeffizienten zwischen Außenmaß- und Innenmaßbezug unterschieden wird. Beim Bezug auf Außenabmessungen werden die Leitwerte der Regelflächen mit dem Außenmaß berechnet. Dadurch wird der Beitrag der Regelflächen zum gesamten Leitwert tendenziell überschätzt, und die Werte für die Wärmebrückenverlustkoeffizienten sind, da sie ja Zuschlage zu den Regelflächen-Leitwerten sind, geringer im Vergleich zum Fall, dass die Regelflächen-Leitwerte mit Innenmaßbezug ermittelt werden. In Österreich wird in der Regel mit Außenmaßbezug gerechnet.

Wärmebrücken Basics - das Wichtigste zusammengefasst:

Eine Wärmebrücke ist ein Bereich veränderten, in der Regel erhöhten, Wärmestroms im Vergleich zum Wärmestrom im ungestörten homogenen Bauteil.

Es wird zwischen materialtechnischen und geometriebedingten Wärmebrücken unterschieden.

Wärmebrücken sind in jedem Gebäude vorhanden, aus planerischer Sicht ist entscheidend, die Wirkung von Wärmebrücken so zu minimieren, dass es zu keinen negativen Effekten, insbesondere Schimmel und Tauwasserausfall kommt. Durch eine möglichst ungestörte außen geführte Wärmedämmung können die negativen Effekte von Wärmebrücken minimiert bzw. vermieden werden.

Die Wirkung von Wärmebrücken kann sogar so stark reduziert werden, dass diese rechnerisch nicht mehr berücksichtigt werden müssen - man spricht in diesem Fall vom wärmebrückenfreien Konstruieren. Das Passivhausinstitut in Darmstadt zertifiziert wärmebrückenfreie Konstruktionen.

Rechnerisch können Wärmebrücken über Leitwertzuschläge berücksichtigt werden. Wärmebrückenverlustkoeffizienten für linienförmige und punktförmige Wärmebrücken können aus Wärmebrückenkatalogen entnommen oder mit Hilfe von Simulationsprogrammen berechnet werden.

Hilfreiche Quellen

  1. Zeno Bastian u. a. EnerPHit-Planerhandbuch. Passivhausinstitut, 2012. url: http://www.passiv.de/de/03_zertifizierung/02_zertifizierung_gebaeude/04_enerphit/04_enerphit-planer-hb.htm. Kurzbeschreibung: Das Buch behandelt Passivhäuser in der Sanierung. Es liefert interessante Details, bisweilen auf hohem Niveau. Vieles davon sind Grundprinzipien, die genauso oder ähnlich für den Neubau gelten. Eine hochlohnenswerte Investition!
  2. Definition und Auswirkungen von Wärmebrücken. url: http://www.passipedia.de/grundlagen/bauphysikalische_grundlagen/waermebruecken/wbdefinition (besucht am 04. 04. 2016)
  3. Wärmebrückenberechnung. url: http://www.passipedia.de/grundlagen/bauphysikalische_grundlagen/waermebruecken/wbberechnung (besucht am 04. 04. 2016)
  4. Was bedeutet wärmebrückenfreies Konstruieren?. url: http://www.passipedia.de/passipedia_de/grundlagen/bauphysikalische_grundlagen/waermeuebertragung/waermebrueckenvermeidung (besucht am 04. 04. 2016)
  5. Wolfgang Feist, Vahid Sariri, Tanja Schulz, Wolfgang Hasper, Jürgen Schnieders, Werner Füßler, Sascha Heuß und Martin Such. Protokollband Nr. 16 des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser, Wärmebrückenfreies Konstruieren. 1. Aufl. 1999
  6. Wolfgang Feist, Vahid Sariri, Tanja Schulz, Wolfgang Hasper, Jürgen Schnieders, Werner Füßler, Sascha Heuß und Martin Such. Protokollband Nr. 35, Wärmebrücken und Tragwerksplanung - die Grenzen des wärmebrückenfreien Konstruierens. Hrsg. von Wolfgang Feist. 1. Aufl. 2007
  7. Stefan Born. Luftdichte Elektroinstallation zur Vermeidung von Lüftungswärmeverlusten und Wärmebrücken. In: HEA Impulse 1 (2009). url: http://www.hea.de/tmp/pdf/fachbeitrag-luftdichte-elektroinstallation.pdf
  8. Georg W. Seunig. Wärmebrücken (Merkblatt 18). Bayerisches Staatsministerium des Innern (Oberste Baubehörde), 2004
  9. Wienerberger. Wärmebrückenkatalog 2006 Niedrigenergiehaus. Techn. Ber.
  10. Wolfgang Feist. Wärmebrücken und Verbesserung der Luftdichtheit im Altbau. In: Arbeitskreis kostengünstige Passivhäuser. Protokollband Nr. 24, Einsatz von Passivhaustechnologien bei der Altbaumodernisierung. 1. Aufl. 2003