Teil 1: Wie funktioniert Thermographie?
Kurzbeschreibung: Das Funktionsprinzip, wie Thermographie grundsätzlich funktioniert, wird beschrieben. Wichtigstes Detail bzw. Schlussfolgerung aus dem Funktionsprinzip: Thermographie kann nur Oberflächentemperaturen messen. Thermographie - Basics
Grundlagen der Thermographie / Aussagekraft von Thermogrammen
Eine Serie in vier Teilen. Teil 1: Thermographie wird heute beispielsweise bei der Beurteilung elektronischer Geräte durch Messung deren Oberflächentemperatur eingesetzt. Auch in der Medizin, ja sogar in der Archäologie wird thermographiert, um alte verblichene Schriften wieder sichtbar zu machen.
Unser Augenmerk liegt aber auf dem Einsatz der Thermographie in der Bautechnik. In diesem File werden folgende Fragen der Gebäudethermographie behandelt:
1. Wie funktioniert Thermographie grundsätzlich?
2. Wie geht ein Thermograph in der Praxis vor?
3. Welche Fehlerquellen gibt es beim Anfertigen einer thermographischen Aufnahme, aber auch später, bei der Beurteilung bzw. Interpretation fertiger Thermogramme?
4. Was sind die wesentlichen Qualitätskriterien einer Thermographiekamera?
Als Ergänzung zu diesem Beitrag möchten wir auf das File "Sinn und Unsinn von Außenthermographie" hinweisen, das sich mit sinnvollen Aufgaben der Außenthermographie und einem Vergleich von Außen- und Innenthermographie beschäftigt.
Wie funktioniert Thermographie?
Das menschliche Auge nimmt nur in einem gewissen Spektrum elektromagnetische Strahlung wahr. Wärmestrahlung sehen, also jene Strahlung auch optisch wahrnehmen, die der Mensch als Wärme spürt, das können unter den Lebewesen nur einige wenige, z. B. Schlangen. Sie können damit ihre Beute besser wahrnehmen. Wärmestrahlung optisch aufzulösen, war für uns Menschen evolutionär einfach nicht wichtig.
Aber seit einigen Jahrzehnten brauchen wir diese Fähigkeit doch. Und mit dem technischen Hilfsmittel der Thermographie ist dies möglich.
Thermographie ist daher omnipräsent. Bei Werbekampagnen zur Gebäudesanierung sind bunte Thermogramme von Gebäuden ein beliebtes Motiv. Immer wieder sind auf Fachmessen entsprechende Kameras aufgestellt, um uns zu zeigen, wie wir Menschen selbst aus Sicht einer Infrarotbetrachtung aussehen.
Und, man kann sich um ca. 20 Euro bereits eine sozusagen "Ein-Pixel-Thermographiekamera" kaufen, ein einfaches Temperaturmessgerät, das berührungslos die Temperatur ausgesuchter anvisierter Oberflächenbereiche misst.
Was ist für eine Thermographiekamera erforderlich?
Grundsätzlich braucht man für die Aufnahme der Wärmestrahlung ein strahlungsempfindliches Material. Beim menschlichen Sehen erfüllt diese Anforderung das "Auge" als lichtempfindliches Organ. Bei der Thermographie gibt es unterschiedliche Techniken, es werden zum Beispiel Elemente verwendet, die, wenn sie ihre Temperatur ändern, auch ihren elektrischen Widerstand ändern.
Dazu der zertifizierte Thermograph und Baugutachter Emanuel Panic:
Emanuel Panic:
"Es sind lauter kleine Widerstände drauf, [. . . ], wenn die elektromagnetische Spannung auftrifft, ändert sich der Widerstand, dadurch ändert sich die Spannung. Aufgrund dieser Spannungsänderungen wird die Temperatur berechnet. D.h., die Temperatur, die wir angezeigt bekommen, ist eine gerechnete Temperatur. Dann wird jeder Temperatur eine Farbe zugeordnet."
Eine Fotoplatte aus kleinsten solchen Elementen funktioniert ansonsten vom optischen Prinzip her genauso wie ein Schwarz-Weiß-Fotoapparat. Ist das Objektiv einmal scharf eingestellt, misst die Platte die pro Raumwinkel auf die Aufnahmeplatte pro Zeiteinheit eingestrahlte elektromagnetische Energie, also die Strahlungsleistung aus dem jeweiligen Raumwinkel.
Diese Verteilung der Einstrahlungsleistung über jenen Winkelausschnitt des Raumes, den wir mit der Kamera aufgenommen haben, ist zunächst eine räumliche Verteilung winziger elektrischer Spannungen. In der Folge wird diese räumliche Verteilung elektrischer Spannungen umgerechnet. Dabei werden physikalische Gesetze über das Emissions- und Absorptionsverhalten von Körpern berücksichtigt. Nach der Berechnung kann die mit der Kamera gemessene Energieverteilung nunmehr graphisch als Temperaturverteilung dargestellt werden.
Das ist unser wärmetechnisches Foto, das Thermogramm.
Thermographie kann nur Oberflächentemperaturen messen
Eine wichtige Eigenschaft der Thermographie ganz zu Beginn. Welchen räumlichen Bereich eines Objekts können wir mit der Thermographie überhaupt messtechnisch erfassen? Nur die oberste Schicht eines Objekts.
Nur die Temperatur der obersten bzw. äußersten Schicht eines Objekts beeinflusst, welche Wärmestrahlung der Körper aussendet.
Dazu ein Beispiel: Kennen Sie frisch herausgebackenes Eis? Innen eine kalte Eiskugel mit außen heißer Panier. Schmeckt gut, ist aber schlecht für die Zähne. Manchmal kann man eine derartige Nachspeise in asiatischen Restaurants bestellen.
Machen wir von einer solchen Kugel ein Thermogramm, finden wir keinerlei Hinweis darauf, dass innen eine Eiskugel liegt. Das Thermogramm der Kugel sieht genauso aus, als hätten wir eine eben erst herausgebackene Banane vor uns, eine Kugel also, die durch und durch heiß wäre. Wir nehmen mit der Thermographie also nur die momentane Oberflächentemperatur des Objektes auf.
Dass wir über Wärmestrahlung lediglich die Temperatur der Oberfläche messen können, ist physikalisch bedingt.
Nehmen wir ein Wärmedämmverbundsystem mit einer dünnen Putzschicht. Strahlt die Sonne das WDVS an, wird sich die äußere Putzschicht rasch erwärmen, viel rascher als das bei einer ungedämmten Massivwand der Fall ist. Diese hohe Oberflächentemperatur ist aber nicht repräsentativ für die Wärmeverluste aus dem Gebäudeinneren im Tagesverlauf, sondern überschätzt die Verluste.
Thermographie kann somit nicht direkt Energieverluste bzw. Wärmeströme oder U-Werte messen.
Was kann im speziellen Außenthermographie über Energieverluste oder sogar den U-Wert einer Bauteils aussagen? Energieverluste über Bauteile sind ja meistens das eigentlich Interessante bei Thermographien von Gebäuden. Eine klassische Fragestellung besteht darin, ob über einen Bauteil unzulässig viel Wärme verloren wird, z. B., weil er schlecht gedämmt ist.
Die Außenthermographie misst aber, wie gesagt, Oberflächentemperaturen und keine Wärmeströme. Um den U-Wert eines Bauteils oder Energieverluste zu bestimmen, müssten wir zu einem anderen Messinstrument greifen, z. B. zu einem Poensgenschen Plattenapparat, wie er in Materialprüfanstalten eingesetzt wird, um die Wärmeleitfähigkeit von Dämmstoffen zu messen. Mit Thermographie ist das nicht möglich.
Vorbereitung einer thermographischen Messung
Im folgenden erläutert (der zertifzierte Thermograph) Emanuel Panic die wichtigsten Vorbereitungsarbeiten vor einer thermographischen Aufnahme mit dem Schwerpunkt auf Innenthermographie:
Emanuel Panic:
Wie schaut ein Messablauf in etwa aus? . . .
. . . und keine Tauwasserbildung an der Fassade.
Teil 2: Verfälschende bzw. wichtige Einflüsse auf die Außenthermographie
Kurzbeschreibung: Mehrere Umgebungseinflüsse sind bei der Interpretation von Thermogrammen zu berücksichtigen: Die Außenoberflächentemperaturen eines Bauteiles werden nicht nur durch Rauminnentemperatur sondern in hohem Ausmaß auch durch die einstrahlende Sonne sowie die Wärmestrahlung der sonstigen Umgebung wie Himmel, Erdoberfläche und andere Bauteile beeinflusst. Ein klarer Nachthimmel kann minus 50 °C erreichen, diese in der Umgebung fehlende Wärmestrahlung kann ebenfalls sichtbar sein. Der Einfluss über- oder unterdurchschnittlicher Wärmestrahlung aus der Umgebung wird überdies durch die Wärmekapazität des Bauteils, insbesondere der äußersten Schicht, bestimmt. Weitere verfälschende Einwirkungen betreffen z. B. die Reflexionsfähigkeit von Materialien bezüglich der Wärmestrahlung, das Windregime, das die Auskühlung von Flächen beeinflusst, sowie Regen. Thermographie - Basics, Teil 2: Verfälschende bzw. wichtige Einflüsse auf die Außenthermographie
Ein wichtiger Punkt sind externe Einflüsse auf die Temperatur der Außenoberfläche der Außenwand. Die oberste, also äußerste Schicht der Fassade kann in einzelnen Bereichen zum Zeitpunkt der Aufnahme ungewöhnlich warm verglichen mit anderen Bereichen sein.
Das bedeutet aber noch nicht zwingend, dass diese Bereiche stärker von innen erwärmt worden wären, bzw. dass insgesamt über einen Tag hinweg hier wesentlich mehr Wärme aus dem Gebäudeinneren über den Bauteil verloren ginge als über jene Bereiche, die auf der Aufnahme sichtlich kühlere Oberflächen zeigen. Es muss also nicht bedeuten, dass diese Bereiche schlechter gedämmt wären.
Die Wärmeeinstrahlung anderer Objekte auf das Messobjekt
Aus welchem Grund sonst, wenn nicht von innen aufgeheizt, sollten einige Oberflächenbereiche wärmer als die übrigen auf einem Thermogramm erscheinen? Wenn nicht von innen, bleibt nur, dass die Fassade vor der Aufnahme von außen aufgeheizt wurde, wenngleich ggf. nur kurz und nur oberflächlich. Die Fassade könnte sozusagen kurz "herausgebacken" worden sein - um mit dem Bild unserer erwähnten Eiskugel zu sprechen.
Die erste Möglichkeit des Aufheizens von außen, an die wir denken, ist natürlich die Sonneneinstrahlung, sowohl als direkte als auch als reflektierte Strahlung, z. B. als von Wolken reflektierte Sonnenstrahlen. Man kann den Einfluss der Sonneneinstrahlung minimieren, indem man den Aufnahmezeitpunkt bei möglichst geringer Einstrahlung, also bei stark bedecktem Himmel oder gegen Ende der Nacht wählt.
Die Sonne ist aber nicht die einzige verfälschende Strahlungsquelle, eine zweite Strahlungsquelle bzw. Gruppe von Quellen sind das Gebäude umgebende terrestrische Objekte. In erster Linie ist hier der Erdboden selbst zu nennen, in zweiter Linie aber auch Erhebungen wie z. B. naheliegende Gebäude.
Diese Objekte strahlen Wärme ab, bzw. leuchten, wenn wir den Begriff des Lichtes heranziehen wollen - und zwar nicht nur tagsüber sondern auch nachts, wenn sie abkühlen. Wir sehen diese Strahlung weder tags noch nachts, da sie, wie gesagt, eben infrarot ist. Vor allem die Erde strahlt nachts netto massiv Wärme in den Weltraum ab.
Jegliches Objekt zwischen Erdoberfläche und Weltraum wird daher von der Erde angestrahlt, was gleichbedeutend ist mit: Es wird von der Erde erwärmt.
So kühlt z. B. die Gartenseite eines Hauses stärker ab, als die dem Nachbarhaus zugewandte Seite. Dies erweckt den Anschein, dass die Hausseiten unterschiedliche Dämmwirkung hätten.
Besonders gute Empfangsflächen sind daher die Unterseiten jeglicher horizontaler Auskragungen, also die Decke einer Tordurchfahrt, Fensterstürze etc. Sie alle werden von der Erde direkt wärmebestrahlt, bzw. werden durch den Weltraum nicht so stark abgekühlt, sodass ihre Oberfläche nachts wärmer als jene gleich dick gedämmter vertikaler Flächen ist. Was aber die Interpretation des Thermogramms anbelangt, kommt es hier aber eben nicht zu erhöhten Wärmeverlusten aus dem Gebäudeinneren, sondern, im Gegenteil, über diese von außen erwärmten Bauteiloberflächen geht weniger Wärme aus dem Gebäudeinneren verloren.
Deutlich kälter hingegen sind Flächen, die direkt dem Nachthimmel zugekehrt sind, also die Oberfläche horizontaler Flächen, wie z. B. von Flachdächern. Die von der Erde angestrahlten, wärmeren Oberflächen, die dem Erdboden zugewandt sind, erscheinen natürlich auch auf dem Thermogramm wärmer.
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Der Einfluss des Nachthimmels
Auch die Beschaffenheit des Nachthimmels selbst spielt eine wesentliche Rolle: Ist der Himmel bewölkt, so strahlt er selbst wieder Wärme auf die Erde. Der Unterschied zwischen Wärmestrahlung von der Erde und vom Himmel ist dann nicht so krass.
Ist der Nachthimmel jedoch sternenklar, zeigt sich uns im wesentlichen die Lufthülle der Erde und, dahinter sozusagen, das tiefkalte Universum. Beides zusammen ergibt bisweilen eine Temperatur von bis zu minus 50 °C . Der beschriebene verzerrende Effekt aufgrund terrestrischer Wärmestrahlung auf unterschiedlich geneigte Flächen fällt dann besonders stark aus. Dem Himmel zugekehrte Flächen sind dann alleine aufgrund dieses Effektes um mehrere Grad Kelvin kälter als erdzugewandte Flächen.
Die Speicherwirkung von Bauteilen
Bei äußerer Einstrahlung auf unser Messobjekt ist auch die spezifische Wärmekapazität des Materials zu berücksichtigen. Materialien mit höherer spezifischer Wärmekapazität wie z. B. eine dicke Putzschicht auf einem Wärmedämmverbundsystem oder sogar eine massive Steinwand speichern natürlich länger Wärme als ein Dünnputz auf einer Wärmedämmung.
Emanuel Panic:
Das ist der Effekt der Wärmespeicherung und der Unterschied zwischen Neubau und Altbau. [. . . ]
Wärmedämmverbundsystem, man erkennt die Dübel. [. . . ]
Nur das Mauerwerk ist hier einfach wärmer. Die Putzschicht am WDVS kühlt schneller ab. [..]
Berücksichtigt man diese, zum Zeitpunkt der Aufnahme gegebenen, also vor allem äußere Strahlungseinflüsse und Einflüsse der Wärmespeicherung nicht, führt dies zu einer massiven Fehlinterpretation, nämlich zu einer Überschätzung oder Unterschätzung der Wärmeverluste aus dem Gebäudeinneren an den entsprechenden Stellen der Gebäudehülle.
Emanuel Panic:
Wir haben hier einfach so viele Parameter im Außenbereich, dass das nicht handlebar ist, um hier exakte Rückschlüsse machen zu können.
Weitere Einwirkungen betreffen z. B. die Reflexionsfähigkeit von Materialien bezüglich der Wärmestrahlung, das Windregime, das die Auskühlung von Flächen beeinflusst, sowie den Einfluss von Regen.
Man sieht an dieser Komplexität der Einflüsse, dass es sehr riskant ist, mit einer Außenthermographie und dann noch ggf. mit einfachen Mitteln wie einer billigen Kamera zu abgesicherten Aussagen über Wärmeflüsse bzw. die thermische Qualität von Bauteilen zu gelangen.
Teil 3: Die Manipulation über die Farbdarstellung, die Kameraqualität
Kurzbeschreibung: Korrekt aufgenommene Thermogramme können aufgrund nachträglicher Farbmanipulationen über den tatsächlichen Gebäudezustand täuschen: Ein Gebäude kann rein elektronisch durch die Wahl der Falschfarben auf "schlecht" oder "gut" getrimmt werden. Entscheidend für gute Thermogramme ist bei der Aufnahme die Kameraqualität und hier insbesondere der Sensor und die Optik der Kamera. Mangelnde Kameraqualität, vor allem, was die Auflösung betrifft, kann in einigen Fällen aufgrund mangelnder Zugänglichkeit der Objekte nicht immer dadurch kompensiert werden, dass man stattdessen viele kleine Einzelaufnahmen sehr nahe am Objekt macht. Thermographie - Basics, Teil 3: Die Manipulation über die Farbdarstellung, die Kameraqualität
Emanuel Panic:
Nachdem der Mensch Infrarotstrahlung nicht sehen kann, werden diese Temperaturwerte in Falschfarben umgewandelt. Das heißt, man kann sich die Farbpalette selbst zusammenstellen, wie man will. Man kann es so darstellen, als wären überall sehr hohe Wärmeverluste, dass das Gebäude sehr stark leuchtet, oder man kann alles so darstellen, als wäre überall eine gute Wärmedämmung. Man darf sich von den Bildern grundsätzlich nicht täuschen lassen.
Nehmen wir an, wir hätten verfälschende äußere physikalische Einflüsse wie Sonneneinstrahlung ausgeschlossen. Dennoch können korrekt aufgenommene Thermogramme aufgrund des bunten Farbbildes bei der Interpretation leicht irreführen.
Der Grund ist die Wahl der Farbgebung. Grundsätzlich sind wir mittlerweile darauf konditioniert, rot und gelb auf einem thermographischen Bild als Warn- bzw. Alarmfarben zu sehen und bei der kühlen Farbe blau Entwarnung zu geben. Rot auf Thermogrammen signalisiert uns klassischerweise warme, also meist ungedämmte Gebäudeoberflächen, während die Farbe Blau niedrige Temperaturen anzeigt.
Unberücksichtigt bleibt dabei der Umstand, dass die letzliche Farbgebung auf Thermogrammen theoretisch rein willkürlich ist und daher auch vom Ersteller des Bildes manipuliert werden kann. In herkömmlicher Begleitsoftware von Thermographiekameras kann die Farbgebung, z. B. über einen Skalenschieber, fast beliebig moduliert werden.
Man kann das gesamte Bild also z. B. in Richtung rot verschieben und damit eine energietechnisch völlig harmlose Situation, also ein relativ gut gedämmtes Gebäude, alleine durch die Farbwahl plötzlich visuell dramatisieren und in einen akuten Sanierungsfall verwandeln.
Umgekehrt kann man natürlich thermische Schwächen eines Gebäudes durch eine Verschiebung ins Blaue kaschieren. Kurz: Ein Thermogramm ohne entsprechende Legende, die anzeigt, welche Farbe welchem Temperaturbereich zugeordnet ist, ist daher fast wertlos bzw. jedenfalls zu hinterfragen.
Die Kameraqualität
Relevante Temperaturunterschiede bei thermographischen Aufnahmen können sich im Bereich von wenigen Zehntel Grad Celsius bewegen. D.h., je nach Messaufgabe können bereits bei einem Temperaturunterschied von wenigen Zehntelgrad Aussagen hinsichtlich der Bauteileigenschaften (wie Wärmedämmwirkung oder Luftundichtheit) gemacht werden.
Der Bereich des für eine thermographische Messung relevanten Temperaturunterschieds erreicht dabei in der Regel maximal ein bis zwei Grad Kelvin. Höhere Temperaturunterschiede weisen bereits auf störende Einflüsse hin, die die Messung verfälschen.
Emanuel Panic:
Der U-Wert verringert sich von 0,2 auf 0,24. An der Innenseite habe ich eine Oberflächentemperatur von 19,2 Grad und da habe ich 19,4 Grad. D.h., zwei Zehntelgrad Temperaturdifferenz unterscheidet einen U-Wert von 0,2 zu 0,24, wenn ich 20 Grad Innen- und -10 Grad Außentemperatur habe.
Wir reden von Zehntelgraden. Bauthermographie ist eine Suche nach Zehntelgraden.
Wenn Sie ein Grad Temperaturdifferenz in einem Bauteil haben und das ist tatsächlich aufgrund von Wärmebrücken entstanden, ist das sehr, sehr viel.
[. . . ] Es ist heiztechnisch nicht möglich, eine Wand so heizen, dass ich aufgrund geringerer Wärmedämmung so hohe Temperaturdifferenzen (3, 4 Grad) habe.
Es ist daher eine entsprechend qualitativ hochwertige Kamera gefordert, die derart geringe Temperaturunterschiede zuverlässig abbilden kann.
Zwischen am Markt erhältlichen Thermographiekameras, die im Baubereich eingesetzt werden, gibt es allerdings riesige Qualitätsunterschiede. Technisch betreffen diese Unterschiede hauptsächlich zwei Schlüsselbereiche, nämlich erstens die Optik, also die verwendeten Linsen und zweitens die Gestaltung des strahlungsempfindlichen Sensors, also unserer Fotoplatte sozusagen.
Praktisch manifestieren sich diese Qualitätsunterschiede vor allem in der räumlich erreichbaren Auflösung bzw. in der Güte des Messignals.
Emanuel Panic:
Es hängt von der Qualität der Sensoren ab, wie fein ich diese Temperaturen auflösen kann. [. . . ] Wir haben hier sehr enge Temperaturverläufe. Sehr großer Temperaturgradient, jetzt hängt das von der Qualität der Kamera ab, wie gut ich das auflösen kann. Ob ein Messsensor hier diese Fläche erfasst oder ob auf dieser Fläche drei oder vier Sensoren sind, das ein exaktes Bild der unterschiedlichen Temperatur abgibt. Hängt von der Qualität der Kamera ab.
Nachdem die Bildbearbeitung elektronisch erfolgt, heißt nicht, dass alles, was ich am Computer sehe, auch Messwerte sind. Die Qualität der Kamera hängt davon ab, wie fein kann die Kamera auflösen.
Auch gibt es zwischen den Mess-Sensoren einen gewissen Abstand und damit einen Bereich, für den es gar kein Messsignal gibt. Hier wird von der Software, die das Bild generiert, interpoliert, um diese Bereiche ohne Messwerte auszugleichen.
Emanuel Panic:
Zwischen Sensoren ist Abstand, d.h. diese Fläche wird überhaupt nicht gemessen. Kann zu Überlagerungen führen. Kann im Grenzbereich (Schimmelgefahr ja/nein) Thema sein.
Damit nicht nur relativ Temperaturunterschiede möglichst genau von der Kamera erfasst werden, sondern auch absolute Temperaturwerte richtig dargestellt werden, ist es notwendig, die Kamera zu kalibrieren.
Emanuel Panic:
Ganz wichtig ist auch die Kalibrierung der Kamera (+/- 2 Grad Celsius Ungenauigkeit).[. . . ]
Deswegen muss man wissen, wie genau Kameras wirklich sind. Es gibt eine Kalibrierkurve, das kann man sich kalibrieren lassen. Ich muss wissen, wenn die Kamera 16 Grad anzeigt, dann habe ich z.B. tatsächlich 16,4 Grad. Man muss die Ungenauigkeit der Kamera kennen. Systematischer Fehler, nicht die Auflösung der Kamera.
Während niedrig auflösende Kameras 160 mal 120 Pixel bzw. entsprechend viele Mess-Sensoren aufweisen und damit Messpunkte darstellen können, haben hoch auflösende Kameras 640 mal 480 Pixel, also 16 mal so viel.
Eine mangelnde räumliche Auflösung einer Kamera kann man in gewisser Weise durch ein Näher -Heranrücken an das Messobjekt kompensieren. Man muss dann entsprechend mehr Fotos aufnehmen, um die gleiche Information zu erhalten, die man mit nur einer Aufnahme einer hochauflösenden Kamera erreicht.
Mit der niedrig auflösenden Kamera mit 160 mal 120 Pixel müsste man 16 mal so viele Bilder machen im Vergleich zur hoch auflösenden Kamera mit 640 mal 480 Pixel.
Emanuel Panic:
Ich messe in einer kurzen Entfernung diese Fläche, in 10 Meter Entfernung diese Fläche, der sogenannte Messfleck.
Wenn Sie dorthin schauen, messen Sie keinen Punkt, sondern Sie messen z.B. 3 mal 3 cm, die Durchschnittstemperatur von dieser Fläche. Je weiter Sie weggehen, desto größer die Fläche, die Sie messen. [. . . ]
Wenn man hochauflösend messen will, muss man entsprechend nahe rangehen.
Auflösung der Kamera, z.B. 320 x 240 Pixel. [. . . ]
Sie brauchen mit der hochauflösenden Kamera eine Aufnahme für dieses Bild, mit der anderen vier Aufnahmen, mit der anderen (am geringsten auflösenden) 16 Aufnahmen, um dieselbe Bildqualität zu bekommen .
In einigen Fällen aber wird es aber beim besten Willen unmöglich sein, mit einer Thermographiekamera mit noch vertretbarem Aufwand nahe an das Objekt zu rücken, z. B. wenn man es mit einem Detail bei einem in 10 Meter Höhe gelegenen Fenster zu tun hat. Die Qualitätsunterschiede der Kameras spiegeln sich natürlich auch im Preis für die Geräte wieder.
Emanuel Panic:
Jetzt zur Kameraqualität. Das ist dasselbe Bild, von Kamera mit 40.000 Euro aufgenommen, dann mit 5.000 Euro Kamera aufgenommen.
Da sehen Sie die Ziegelfugen ganz detailliert, da erahnen Sie, dass ein Fenster da ist, absolut unbrauchbar.
Hallendach in ca. 13, 14 Meter Höhe: Bereiche von 2, 3 cm; Eisbildung, Kondenswasserbildung in der Dämmebene. In dem Punkt 4 Pixel, andererseits mit der Kamera haben Sie irgendwas, Sie werden den Fehler nie finden.
Bauthermographie ist eine Suche nach Zehntelgraden und dementsprechend müssen die Kameras gut geeignet sein, damit Sie diese Temperaturdifferenzen innerhalb der Fläche finden.
Es kommt jedoch, wie gesagt, auf die Messaufgabe an. Vor allem bei der Innenthermographie, sofern man zunächst vorwiegend qualitativ feststellen will, ob Undichtheiten vorhanden sind, reichen niedriger aufgelöste Bilder, auf denen man kalte, einströmende Luft noch erkennen kann.
Emanuel Panic:
Es gibt Teleobjektive, es gibt Weitwinkelobjektive, die Messbreite ändert sich. Wenn ich ein Detail aufnehmen will, kann ich schon auf 50, 60 cm herangehen. Hängt von der Messaufgabe ab, was will ich messen. In der Regel macht man zuerst eine Übersichtsaufnahme, um großflächig Fehler zu finden, dann Detailaufnahme.
Teil 4: Das Wichtigste zusammengefasst
Thermographie - Basics, Teil 4: Das Wichtigste zusammengefasst
Mit Hilfe der Thermographie wird Wärmestrahlung, also elektromagnetische Strahlung im infraroten Bereich, gemessen, in Temperaturwerte umgerechnet und in Form einer visuellen Darstellung, des Thermogramms, aufbereitet.
Es kann nur die Temperatur der äußersten Schicht eines Körpers - bzw. im Fall der Bauthermographie - eines Bauteils gemessen werden.
Thermographie kann somit nicht direkt Energieverluste bzw. Wärmeströme oder U-Werte messen.
Es gibt verschiedene Einflüsse, die die Temperatur von Außenoberflächen beeinflussen. Damit ist insbesondere bei Außenthermogrammen die Interpretation eine wichtige und heikle Aufgabe. Vorschnelle Schlüsse wie "Eine hohe Temperatur der Außenoberfläche eines bestimmten Bauteils lässt auf schlechte Wärmedämmeigenschaften dieses Bauteils schließen" sind kritisch zu hinterfragen.
Zu diesen Effekten auf die Temperatur von Außenoberflächen zählen unter anderem der Einfluss anderer Objekte, der Einfluss des Nachthimmels, die Speicherwirkung und Reflexionsfähigkeit von Bauteilen oder das Windregime.
Unterschiedliche Temperaturen werden durch unterschiedliche Farben im Thermogramm dargestellt, wobei rot auf eher hohe, blau auf eher niedrige Temperaturen hinweist.
Die konkrete Farbgebung kann jedoch vom Ersteller des Thermogramms über einen Skalenschieber fast beliebig moduliert werden, sodass dadurch ein verfälschter Eindruck entstehen kann: Thermisch gute Gebäude können dadurch im Thermogramm schlechter aussehen, während thermisch schlechte Gebäude besser aussehen können, als es der Realität entspricht.
Relevante Temperaturunterschiede bei thermographischen Aufnahmen können sich im Bereich von wenigen Zehntelgrad Celsius bewegen. Um derart geringe Temperaturunterschiede zuverlässig abzubilden, braucht es daher Thermographiekameras mit entsprechend hoher Qualität.
Zwischen am Markt erhältlichen Thermographiekameras für den Baubereich gibt es erhebliche Qualitätsunterschiede, welche hauptsächlich einerseits die Optik, also die verwendeten Linsen und andererseits die Anzahl und Qualität der strahlungsempfindlichen Sensoren betreffen.
Praktisch manifestieren sich diese Qualitätsunterschiede vor allem in der räumlich erreichbaren Auflösung bzw. in der Güte des Messignals.