Teil 1: Definition des Sonnenhauses
Kurzbeschreibung: Ein Sonnenhaus ist ein Gebäude, von dem in der Planungsphase abgeschätzt werden kann, dass mehr als 50% des künftigen Wärmebedarfs für Heizen und Warmwasser solarthermisch gedeckt werden können. Solarthermie samt entsprechender Dämmung spielt also in der Haustechnik eine wesentliche Rolle.
Weitere Anforderungen werden an den Gesamtenergieeffizienzfaktor fGEE, den flächenspezifischen Primärenergiebedarf, die flächenspezifischen CO2-Emissionen laut Energieausweis, den Heizwärmebedarf laut Energieausweis sowie an die gemessene Luftwechselrate "n50" gestellt. Eine Lüftungsanlage wird nicht aktiv empfohlen. Was ist ein Sonnenhaus?
Eine Serie in fünf Teilen.
Teil 1: Definition des Sonnenhauses
In diesem File soll der Begriff des "Sonnenhauses" erläutert werden. Konkret wollen wir zeigen, was man darunter technisch versteht, aber auch, wie sich die Geschichte des Sonnenhauses und die Hintergründe der "Initiative Sonnenhaus Österreich" darstellen.
Weiters soll der Bezug des Sonnenhauses zum etablierten und breit bekannten Begriff des "Passivhauses" beleuchtet werden:
Gibt es relevante Unterschiede zwischen dem Konzept eines "Sonnenhauses" und dem eines "Passivhauses", und wenn ja, welche?
Was könnte die Zukunft bringen: Können Passivhaus und Sonnenhaus "zusammenwachsen"?
Wie ist ein Sonnenhaus definiert?
Der Kern der technischen Definition des Sonnenhauses, wie es derzeit in Österreich als Teil der Sonnenhausinitiative propagiert wird, zielt auf eine hohe Solarenergienutzung für die Deckung des Wärmebedarfs: Ein Sonnenhaus ist ein Gebäude, von dem in der Planungsphase abgeschätzt werden kann, dass mehr als 50% des künftigen Wärmebedarfs für Heizen und Warmwasser solarthermisch gedeckt werden können.
Dazu Peter Stockreiter, Gründer und Geschäftsführer der "Initiative Sonnenhaus Österreich":
Peter Stockreiter:
Wir sagen: Bau ein Niedrigenergiehaus, möglichst ohne Styropordämmung, entweder mit einem massiven Ziegel oder möglich auch in Holz. Die Wärme kommt zumindest mit 50% von der Solarthermie, Rest mit Biomasse. Möglichkeit gibt es auch mit einer Wärmepumpe nachzuheizen, wenn mit Wärmepumpe, dann ausschließlich Grünstrom, 100% Ökostrom. Oberste Prämisse ist Gebäude mit sehr niedrigem CO2-Ausstoss und Primärenergiebedarf.
Mit Gas auf keinen Fall, auch nicht mit Öl, mit keiner fossilen Energie. Strom, wenn nicht aus Ökostrom, zählt auch als fossile Energie. Entweder hat der Hauseigentümer eine PV am Dach, oder er schließt Vertrag mit Ökostromanbieter.
Für die Berechnung des solaren Deckungsgrades dürfen zwei Berechnungsprogramme verwendet werden: Polysun und T-Sol.
Neben der grundlegenden Anforderung eines solaren Wärmedeckungsgrades von mindestens 50% beziehen sich die weiteren Kriterien für ein Sonnenhaus auf wesentliche Größen des Energieausweises:
1. Der sogenannte Gesamtenergieeffizienzfaktor fGEE laut Energieausweis muss kleiner als 0,6 sein.
2. Der flächenspezifische Primärenergiebedarf PEB laut Energieausweis muss kleiner als 100 kWh pro Quadratmeter und Jahr sein
3. Die flächenspezifischen CO2-Emissionen laut Energieausweis müssen unter 25 kg pro Quadratmeter und Jahr liegen
4. Der Heizwärmebedarf laut Energieausweis muss unter 50 kWh pro Quadratmeter und Jahr liegen
5. Die gemessene Luftwechselrate "n50" muss unter 1,5 pro Stunde liegen. Das entspricht dem Wert der OIB-Anforderung für jene Gebäude, in die eine Lüftungsanlage eingebaut werden soll.
Zusammengefasst bedeuten diese Anforderungen, salopp gesprochen, dass ein Gebäude einigermaßen gut gedämmt und luftdicht sein muss, sowie dass die Restheizung, also die nichtsolare Heizung keine zu hohen CO2-Emissionen aufweisen darf. Am besten gelingt das durch eine Biomasseheizung oder eine Wärmepumpe. Dies sind auch die einzigen beiden Optionen, die bei einem Sonnenhaus für die Restheizung erlaubt sind, wobei für den Betrieb der Wärmepumpe Ökostrom zu verwenden ist, entweder von einem Ökostromanbieter oder von einer Photovoltaikanlage am eigenen Gebäude.
Im Unterschied zur Definition eines Passivhauses folgt aus den genannten Forderungen aber nicht zwingend, dass eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung vorgesehen werden muss.
Grundsätzlich ist der Ansatz, einen hohen solaren Deckungsgrad, also jenseits von 50% bei der Wärmeaufbringung zu erreichen, nicht neu. Insofern kann man hier auch nicht wirklich von einem neuen Konzept sprechen, eher von einer Realisierung eines bereits länger bestehenden Konzeptes mit modernen Produkten der Solarthermie und der Speichertechnik.
Ein Gebäude mit einem solaren Wärmedeckungsgrad von 100 % wurde bereits 1989 in der Steiermark gebaut, bekannt unter dem Titel "Naderhaus". In der Schweiz hat ein Hersteller von Großwasserspeichern, der Eigentümer der Firma Jenni, einen mehrgeschoßigen Wohnbau errichtet, der vollsolar wäremversorgt ist. In Deutschland werden schon seit längerem sogenannte "Solarhäuser" angeboten, unter anderem von Fertigteilhausanbietern.
2004 wurde in Deutschland das Sonnenhaus-Institut gegründet, seitdem sind mehr als 1.600 Sonnenhäuser nach den Prinzipien des Sonnenhaus-Instituts entstanden. Die Initiative Sonnenhaus Österreich wurde 2011 gegründet.
Doris Hammermüller, bis 2014 Geschäftsführerin von Austria Solar, zur Geschichte von Häusern, die in hohem Ausmaß solarthermisch wärmeversorgt sind:
Doris Hammermüller:
Das große Fragezeichen, wie bringe ich ein vollsolares Haus zusammen, ist natürlich, was mache ich im Winter. Die Sonne scheint nicht, es ist kalt, wie bringe ich die solaren Sommererträge in den Winter?
Da gibt's jetzt schon seit 20 Jahren verschiedene Konzepte, die auch gut funktionieren. Das heute sogenannte Sonnenhauskonzept ist ja relativ alt, mit einem großen Pufferspeicher die Wärme im Sommer zu speichern, und im Winter im Haus zu verteilen. Da gab es schon in den frühen 90er-Jahren 100%-Solarhäuser, die stehen auch noch immer, da haben wir Langzeiterfahrungen, alles kein Problem.
Neu bei der Sonnenhausiniative ist vielmehr eher Nichttechnisches, nämlich dass die Zielsetzung eines hohen solaren Wärmedeckungsgrades im Wohnbausektor erstmals unter der Führung einer einflussreichen industriegetragenen Initiative am Markt positioniert wird.
Teil 2: Die Motivation zur Gründung der Initiative Sonnenhaus Österreich
Kurzbeschreibung: Beschreibung der Geschichte und der Motivation zur Gründung der Initiative Sonnenhaus Österreich. Die Initiative entstand im Umfeld der österreichischen Ziegelindustrie mit dem Anliegen, monolithische Ziegelwände statt Wärmedämmverbundsysteme im Markt zu fördern. Was ist ein Sonnenhaus? - Teil 2:
Die Motivation zur Gründung der Initiative Sonnenhaus Österreich
Die Initiative Sonnenhaus Österreich wurde im Jahr 2011 gegründet. Worin lag die Motivation, diese Initiative zu gründen? Dazu Peter Stockreiter, Gründer und Geschäftsführer der "Initiative Sonnenhaus Österreich":
Peter Stockreiter:
Die Initiative Sonnenhaus gibt es in Österreich seit Juni 2011. Der Hintergrund war die EU-Gebäuderichtlinie, die vorschreibt, dass im Jahr 2020 nur mehr sogenannte Nearly-Zero-Energy Buildings errichtet werden dürfen. Das wäre z.B. ein Passivhaus, das braucht aber oft sehr viel Strom. Das Sonnenhaus hat einen HWB von 35 bis 45, geht aber auch runter auf 20, wenn wer Wohnraumlüftung verwendet.
Die Richtlinie sagt, auch Gebäude mit einem höherem HWB sind möglich, aber dann mit erneuerbarer Energie vor Ort. Das ist die Solarthermie, also Solarwärme, die es überall gibt, und die Biomasse. Die Biomasse hat Null CO2-Emissionen und fast Null Primärenergiebedarf.
Ich war bei Ziegelhersteller in Österreich beschäftigt bis 2010, bei Tochterfirma des Ziegelherstellers in Deutschland. In Deutschland wurden damals schon sehr viele Sonnenhäuser gebaut. Ich habe dann angeregt: Warum machen wir nicht das Sonnenhaus zum Thema auch in Österreich?
Wir haben Argumente gefunden, wäre es nicht sinnvoll eine Initiative Sonnenhaus zu gründen, mit Schwerpunkt auf Massivbau und Ziegelbau. Alle österreichischen Ziegelhersteller sind Gründungsmitglieder. Derzeit 130 Mitglieder, auch Installateure, Baumeister und Planer,
die verbreiten das dann am Markt.
Ziel der Initiative Sonnenhaus ist neben der Promotion eines Gebäudekonzepts mit hohem solaren Deckungsgrad also auch, einen gewichtigen Zweig der Baubranche, nämlich die Ziegelindustrie, zu beleben, bzw. in diesem Bereich befürchtete Markteinbrüche zu verhindern. Dieser Einbruch wird aufgrund eines Trends zu Leichtbauten und zu Gebäuden mit viel Dämmung, aber wenig Ziegel befürchtet.
Als Bauweise für die Außenwand wird daher von der Initiative Sonnenhaus eine monolithische Außenwand aus einem 50 cm starken Ziegel propagiert. Das bereits vorhandene eher negative Image des Dämmstoffs EPS wird aufgegriffen und verstärkt.
In Österreich gebaute Sonnenhäuser werden auch zu einem überwiegenden Teil mit monolithischen Ziegelwänden errichtet:
Peter Stockreiter:
Bei 90 Prozent ist es der 50er-Ziegel. Von Haus aus haben die Leute den Gedanken, ich baue mit einem 50er-Ziegel. Dann gibt es ein paar, 3 Häuser mit 25er-Ziegel und Styropor-Dämmung, gibts auch, wir können es ja nicht grundsätzlich vorschreiben, Du musst es machen. Wir können es ja nur empfehlen. Dann gibt es noch ca. 5% Holzhäuser.
Eine beidseitig verputzte Außenwand mit einem 50 cm starken (dicken) Ziegel, wobei außen 3 bis 4 cm Dämmputz angebracht wird, erreicht einen U-Wert von 0,12 bis 0,14 W/m2K. Mit einer zweischaligen Bauweise (25 cm Ziegel plus 30 bis 40 cm Wärmedämmung) können allerdings noch niedrigere U-Werte erreicht werden.
Teil 3: Wie kann ein Sonnenhaus gebaut werden?
Kurzbeschreibung: Es existieren zwei Sonnenhaus-Konzepte, die beide auf sehr großen solarthermischen Anlagen aufbauen. Das erste, ältere Konzept sieht einen riesigen, oft geschoßübergreifenden Wärmespeicher vor, das zweite Konzept nutzt intensiv die Bauteilaktivierung und kommt daher mit einem Pufferspeicher herkömmlicher Größe aus. Was ist ein Sonnenhaus? - Teil 3: Wie kann ein Sonnenhaus gebaut werden?
Konzept 1: Ein sehr großer Wärmespeicher
Dieses erste Konzept eines Sonnenhauses umfasst einen sehr großen wassergefüllten Pufferspeicher im Gebäudeinneren, der die solare Wärme aufnimmt. Typische Speichergrößen für ein Einfamilienhaus bewegen sich dabei zwischen 4 und 10 m3.
Derartige Speicher reichen meist über zwei Stockwerke, können aber auch in einem Geschoß untergebracht werden, beispielsweise wenn die Fundamentplatte abgesenkt wird.
Derartige Speicher reichen meist über zwei Stockwerke. Dieser Speicher ist wesentlich aber gleichzeitig auch eine Schwachstelle des Konzepts, denn er nimmt ein relevantes Gebäudevolumen ein, das sowohl das nutzbare Bruttovolumen des Gebäudeinneren sowie die Nettonutzfläche in einem nicht vernachlässigbaren Ausmaß reduziert.
Eine Lösung, den Speicher möglichst wenig störend unterzubringen, ist z. B., eine Treppe, die vom Erdgeschoß in den oberen Stock führt, um den Speicher zu wendeln.
Das zweite Risiko eines großen Speichers im Wohnraum ist, dass der Speicher in der Regel auch im Sommer auf Temperatur gebracht wird. Somit gibt er auch im Sommer trotz Dämmung Abwärme in das Gebäudeinnere ab, er stellt somit eine zusätzliche innere Wärmelast dar.
In der Informationsbroschüre der Sonnenhausinitiative wird als eine Möglichkeit für Abhilfe angemerkt, dass der Speicher nachts auch über Kollektoren gekühlt, also entladen werden kann. Dies bedeutet allerdings zusätzlichen Pumpstrom und kann auch nur begrenzt Abhilfe schaffen. Diese Maßnahme des aktiven Kühlens des Speichers dient auch dazu, das gesamte solarthermische System vor der Überhitzung zu schützen bzw. die Zahl jener Fälle zu reduzieren, in denen die Anlage in sogenannte "Stagnation" geht. Stagnation bedeutet, dass die Sole in den Kollektoren verdampft.
Dieses Konzept mit sehr großem Speicher war mangels Alternative vor allem in der Anfangsphase der Sonnenhausinitiative die propagierte Lösung.
Eine Möglichkeit, einen sehr großen Speicher zu vermeiden, besteht darin, statt Wasser die Gebäudemasse selbst als Speicher zu nutzen. Dies führte zum zweiten Konzept der Sonnenhausinitiative:
Konzept 2: Die Bauteilaktivierung
Peter Stockreiter:
Seit 2014 wird auch die Methode angewendet, in den Bauteilen Wärme zu speichern. Die Speichermasse vom Beton ist ohnehin schon vorhanden. Es geht auch mit Ziegelwänden, dafür gibt es ein eigenes System.
Es werden Rohre in der Betonplatte drinnen verlegt, es erwärmt sich die 20, 25 cm dicke Betonschicht, gibt dann die Wärme an den Raum ab. Es ist Strahlungswärme wie auch beim Kachelofen.
Man braucht dann keine Fußbodenheizung. Der größte Teil der Wärme wird in den Bauteilen gespeichert, nur mehr 1000 - 1200 Liter Speicher notwendig.
Beim zweiten Konzept des Sonnenhauses kommt die sogenannte Bauteilaktivierung zum Einsatz, bisweilen auch als Betonkernaktivierung bezeichnet. Bauteilaktivierung bedeutet, dass die Wärme aus dem Wärmeerzeuger über wasserführende Heizschlangen in massive Decken oder Wände eingebracht und dort langsam an den die Rohre umschließenden Baustoff, praktisch immer ist das Beton, abgegeben wird. Als Faustregel gilt, dass bei gleicher Temperaturerhöhung in 1 m3 Beton dieselbe Wärmemenge gespeichert werden kann wie in 500 l Wasser. Der erwärmte Beton gibt seinerseits die Wärme an die Innenräume des Gebäudes ab. Es kommt zu einer deutlichen Zeitverzögerung zwischen der Wärmeeinbringung in den Beton und der Wärmeabgabe an den Raum. Es handelt sich also um ein sehr träges System. Ziehen wir als Vergleich für die Wirkung der Bauteilaktivierung die breit bekannte Fußbodenheizung heran:
Eine Fußbodenheizung, die mit einem Zementestrich überdeckt ist, ist, könnte man sagen, eine Vorstufe zu einer Bauteilaktivierung. Je dicker der die Rohre der Fußbodenheizung überdeckende Zementestrich wird, umso mehr nähert sich unsere Fußbodenheizung dem Konzept einer Bauteilaktivierung. Ein Kachelgrundofen funktioniert übrigens nach demselben Prinzip der Bauteilaktivierung. Wärme wird von schweren Bauteilen aufgenommen und langsam abgegeben.
Genauso wie bei der Fußbodenheizung darf der Beton im Gebäude nicht auf so hohe Temperaturen gebracht werden wie ein Wasserspeicher. Der Beladungszustand der einzelnen Gebäudeelemente muss daher erfasst werden. Dazu werden genauso wie bei einem Wasserspeicher Temperaturfühler in die thermisch aktivierten Bauteile eingebracht.
Im Gegensatz zu hydraulischen Wärmeabgabesystemen kann bei diesem Konzept nicht gesteuert werden, wann die in den Beton eingebrachte Wärme wieder abgegeben wird. Da die Bauteile auf einigermaßen konstanter Temperatur gehalten werden, ist das übliche Konzept mit Raumthermostaten aber auch gar nicht mehr notwendig, um die Raumtemperatur zu regeln, denn es kommt hinsichtlich der erforderlichen Wärmeabgabe an den Raum zum sogenannten "Selbstregeleffekt", der bereits aus der Fußboden- und Wandheizung bekannt ist: Sobald die Raumtemperatur unter die Temperatur der thermisch aktivierten Bauteiloberfläche absinkt, wird Wärme vom Bauteil an den Raum abgegeben. Je höher die Temperaturdifferenz, umso höher ist die Wärmeabgabeleistung des Bauteils an den Raum, umso schneller wird der Raum also wieder erwärmt.
Der Vorteil der Bauteilaktivierung ist, dass Gebäudeelemente, die ohnehin vorhanden sind, Wände, Decken bzw. Böden, als Wärmespeicher genutzt werden. Damit kann der voluminöse Wärmespeicher, der vor allem in der Anfangsphase des Sonnenhauses propagiert wurde, also in Form des erwähnten "Konzepts 1", in seiner Größe reduziert werden.
Teil 4: Vergleich Sonnenhaus - Passivhaus
Kurzbeschreibung: Das Passivhaus versucht, schwerpunktsmäßig durch sehr hohe Dämmwerte thermische Verluste zu minimieren und setzt eine Lüftungsanlage voraus. Das Sonnenhauskonzept sieht einen geringeren Dämmstandard vor , maximiert aber die solaren Erträge. Eine Lüftungsanlage wird nicht aktiv empfohlen. Ein zu 100% erneuerbar versorgtes Passivhaus erfüllt auch die Kriterien eines Sonnenhauses, ein Passivhaus kann also alleine durch eine Änderung der Haustechnik die Sonnenhauskriterien erfüllen. Was ist ein Sonnenhaus? - Teil 4: Vergleich Sonnenhaus - Passivhaus
Das Passivhaus entstand auf der Suche nach einem ökonomischen Optimum auf dem Weg zum Nullheizenergiehaus. Das Passivhauskonzept beinhaltet eine sehr gute Gebäudehülle, mit hoch wärmegedämmten Bauteilen, minimierten Wärmebrücken und einer hohen Luftdichtheit. Um den Heizwärmebedarf weiter zu reduzieren, wird mit einer mechanischen Lüftungsanlage auch ein großer Teil der Lüftungswärmeverluste rückgewonnen.
Durch all diese Maßnahmen wird der Heizwärmebedarf so gering, dass mit der hygienisch erforderlichen Zuluftmenge geheizt werden könnte, auch wenn von der Zuluftheizung in der Praxis immer mehr abgegangen wird.
Passivhäuser erreichen einen Heizwärmebedarf von maximal 15 kWh/m2a, nach dem Passivhausprojektierungspaket PHPP berechnet, bzw. von maximal 10 kWh/m2a, nach dem Energieausweis berechnet. Sonnenhäuser hingegen bewegen sich in einem Bereich von 35 bis 50 kWh/m2a Heizwärmebedarf.
Die primäre Zielsetzung beim Sonnenhaus liegt in einer möglichst hohen solaren Deckung des Wärmebedarfs für Heizen und Warmwasser. Die Deckung des Restwärmebedarfs soll auch erneuerbar, bzw. mit möglicht geringen CO2-Emissionen, erfolgen. Daraus ergibt sich die Kombination Solarthermie plus Biomasse bzw. Solarthermie plus Wärmepumpe (wobei der Wärmepumpenstrom Ökostrom sein soll).
Dieser deutliche Fokus auf erneuerbare Deckung des Wärmebedarfs fehlte beim Passivhaus. Die Nutzung erneuerbarer Energie war natürlich erwünscht, aber sie stand nicht von Beginn an im Fokus, sie war insbesondere kein Muss.
Die Offenheit gegenüber jeglicher Wärmequelle machte es andererseits möglich, Passivhäuser auch mit Gas- oder Ölheizungen zu bauen und eröffnete somit auch jenen Akteuren einen Zugang zum Passivhaus, deren Kerngeschäft fossil befeuerte Heizungen sind. Das sorgte für eine maximale Anwendbarkeit des Konzeptes einer hochwärmegedämmten Gebäudehülle. Unbeschadet dessen gab bzw. gibt es aber durchaus auch Passivhäuser mit solaren Deckungsgraden von mehr als 50 %.
Die Sonnenhausinitiative hat eine eher distanzierte Einstellung zur kontrollierten Wohnraumlüftung, sie empfiehlt sie zumindest nicht grundsätzlich. Eher wird auf den Nachteil gesteigerter Investitionskosten und den erhöhten Strombedarf verwiesen sowie darauf, dass es durchaus leigitim ist, dass sich Bauherren dafür entscheiden, ihr Gebäude rein fensterzulüften. Ein nur geringer Anteil, etwa 10% aller in Österreich errichteten Sonnenhäuser haben auch eine Lüftungsanlage.
Peter Stockreiter:
Es ist bei uns so, dass wir die Lüftungsanlage für die Energiegewinnung nicht brauchen. Bei uns ist es weniger kritisch, wenn ich die Fenster aufmache. Lüftungsanlagen haben einen relativ hohen Stromverbrauch. 80% der Lüftungsanlage werden im Sommer nicht ausgeschalten, aber alle Fenster und Türen sind offen.
Wir brauchen es nicht fürs Energiekonzept, aber es kann jeder machen. Es gibt einige Sonnenhäuser mit Lüftungsanlage.
Das ganze Gebäude wird verteuert, das spricht sich dann herum, ich habe ein Sonnenhaus, das ist teuer. Deshalb wollen wir die Lüftungsanlage nicht forcieren, haben auch keine Partnerfirmen dabei. Etwas anderes ist es in Mehrfamilienhäusern oder in Büros, da passen ja die Leute nicht auf.
Aber im Eigenheim, da passen die Leute schon beim Lüften auf. Wir sagen auch nicht nein, wenn er es macht, soll er es machen.
Mittlerweile hat die Erfahrung aber gezeigt, dass eine Wohnraumlüftung, sofern sie korrekt geplant ist, das Wohlbefinden der Bewohner deutlich steigert. Der Hauptgrund dafür ist, dass vor allem in der Heizperiode die überwiegende Mehrheit der Menschen, trotz bisweilen gegenteiliger Beteuerungen, nicht so oft lüftet, dass das Ergebnis jenem einer kontrollierten Wohnraumlüftung gleichkäme.
Eine Steigerung des Wohlbefindens bei einer gut ausgeführten Anlage wird in allen Bereichen des Wohnbaus beobachtet, beim Einfamilienhaus, beim Reihenhaus aber auch im Bereich des mehrgeschossigen Wohnbaus. Die Hauptwirkungen gut gelüfteter Räume sind die Minimierung des Schimmelrisikos sowie die Steigerung der Luftqualität. Bei großvolumigen Wohneinheiten, die überdies dünn belegt sind, verringert sich der Vorteil der Wohnraumlüftung gegenüber der reinen Fensterlüftung, weil die Schadstoffe der Innenraumluft im großen Volumen stark verdünnt werden.
Können Sonnenhaus und Passivhaus zusammenwachsen?
Wenn man einmal akzeptiert, dass die Stärke des Passivhauses eine Top-Energieeffizienz ist und die Stärke des Sonnenhauses eine hohe solare Deckung des Wärmebedarfs, wäre es dann nicht naheliegend, beide Stärken zu kombinieren?
D.h. ein Gebäudekonzept umzusetzen, das nach Passivhausstandard gebaut ist und auch die Sonnenhauskriterien erfüllt, eben eine solare Deckung des Wärmebedarfs von mindestens 50% und eine Restheizung mit minimalen CO2-Emissionen.
Vereinzelt wird diese Kombination bereits umgesetzt, wenn auch nicht von der Initiative Sonnenhaus Österreich empfohlen:
Peter Stockreiter:
Das ist natürlich eine finanzielle Sache. Wenn er jetzt eine Passivhaushülle macht und dann zusätzlich noch das andere mehr, dann kostet das unverhältnismäßig mehr als wie 70% solare Deckung und den Rest heizt er zu.
Wenn auch grundsätzlich ein Zusammenwachsen von Sonnenhaus und Passivhaus denkbar ist und fallweise von Kunden bereits gewünscht wird, sprechen doch zumindest derzeit die relativ hohen Kosten dagegen.
Ein Zusammenwachsen würde also realistischerweise eine Kostenreduktion auf beiden Seiten bedingen: beim Passivhaus für die Bereiche Gebäudehülle und Lüftungsanlage, beim Sonnenhaus für die Solartechnik.
Möglicherweise gehen Häuser mit solarer Bauteilaktivierung in Richtung Kostenreduktion bei der Solarthermie, hier gibt es aber noch wenig gebaute Beispiele.
Teil 5: Ausblick. Kostenentwicklung und die Frage der Flächeneffizienz
Kurzbeschreibung: Pro Jahr werden noch sehr wenige Sonnenhäuser gebaut. Was die Flächeneffizienz der Energieversorgung betrifft, d.h. hinsichtlich des Anteils der Deckung der vom Gebäude benötigten Energiedienstleistungen (Wärme, Strom) mit der von verfügbaren Dach- oder Fassadenflächen gewinnbaren Energie, ist das Passivhaus aufgrund des geringeren Heizwärmebedarfs effizienter. Allerdings den gesamten Energiebedarf eines Haushalts, also inklusive Mobilität, Herstellung von Konsumgütern etc, zu jedem Zeitpunkt vom Dach her zu decken, ist beim aktuellen Lebensstil nicht möglich (siehe auch die Fileserie zum Plusenergiehaus). Was ist ein Sonnenhaus? - Teil 5: Ausblick. Kostenentwicklung und die Frage der Flächeneffizienz
Derzeit ist die Verbreitung von Sonnenhäusern noch relativ gering ausgeprägt. In Österreich werden derzeit pro Jahr etwa 40 bis 50 Sonnenhäuser gebaut, der Großteil davon als Einfamilienhäuser.
Ab 2020 könnte sich diese Situation aber aber ändern: Dann dürfen gemäß EU-Gebäuderichtlinie im Neubau nur mehr Nearly-Zero-Energy Buildings gebaut werden.
Es könnte sich dann der Marktanteil von Sonnenhäusern im Neubau deutlich vergrößern, es könnte zu einer verstärkten Konkurrenz zwischen Sonnenhäusern und Passivhäusern kommen, es könnte aber auch zu einem Zusammenwachsen der beiden Gebäudekonzepte kommen.
Aus Sicht der Bauherren ist es grundsätzlich wünschenswert, wenn eine gewisse Vielfalt an Gebäudekonzepten und diesbezüglich Wahlfreiheit besteht. Für die Ausbildung eines Massenmarktes wird wohl die Kostensituation mitentscheidend sein. Wie werden sich die Kosten bei den Passivhaustechnologien, wie bei den Solartechnologien entwickeln? Welche Kombinationen von Technologien werden kostenoptimal sein?
Dazu Wolfgang Streicher, Professor für Wärmetechnik an der Universität Innsbruck, und der klima:aktiv Bildungskoordinator Johannes Fechner:
Univ. Prof. Dr. Wolfgang Streicher:
Ich sehe es eigentlich insofern entspannt, weil der Preis wird es im Endeffekt zeigen, was günstiger ist, wie weit ich mit der Dämmung gehen kann, dass das das günstigere ist, und wann dann die Erneuerbaren hereinkommen, die dann günstiger werden.
Natürlich, wenn ich einen Meter Dämmung habe, und noch 10 cm draufschlag, wird es günstiger sein, vorher in die Solarthermie zu investieren, weil die letzten 10 cm an Dämmung bringen nicht mehr wirklich viel, wenn ich schon einen Meter draufhab.
Das ist im Prinzip eine Kostenfrage.
DI Johannes Fechner:
Ich denke, man wird selber draufkommen, wenn man den Aufwand sieht, der getrieben wird, um jetzt ein Haus rund um den Speicher zu bauen und sich dann überlegen, was erreich ich damit und kann ich diesen Zweck nicht anders auch erreichen und weniger investieren und habe vielleicht noch mehr Dachflächen für PV zur Verfügung. Das sind einfach die Fragen, die man sich stellen muss.
Und wenn man dann zum Schluss kommt, in der Situation ist das das richtige Konzept, dann soll es sein. Also da geht's nicht um Dogmatik oder sonst irgendwas, es ist immer eine Frage Zweck und Methode.
Ein weiterer Punkt, der in Zukunft wohl bedeutsamer werden wird, ist die Frage der Flächeneffizienz. D.h., welches Maß an Energiedienstleistungen kann mit der von verfügbaren Dach- oder Fassadenflächen gewinnbaren Energie erfüllt werden?
Wenn es darum geht, ein ganzes Energiesystem auf erneuerbare Energien umzustellen, ist die Frage legitim, wie verschiedene Ressourcen, darunter auch vorhandene Dach-, Fassaden- oder Bodenflächen effizient genutzt werden können und wie stark der Energiebedarf reduziert werden müsste.
Zugespitzt lautet die Frage daher: Ist eine Dachnutzung wie beim Sonnenhauskonzept, umgesetzt auf vielen Dächern des österreichischen Gebäudebestands mit den Zielen einer erneuerbaren Energieversorgung Österreichs insgesamt im Einklang? Die solar relevante Gebäudefläche, also die Dach- und auch die Fassadenfläche, aber letztlich auch die versiegelte Bodenfläche ist jedenfalls eine wertvolle gesellschaftliche Ressource. Überdies geht es auch um Nettowohnfläche, sofern man das Sonnenhauskonzept des über zwei Stockwerke reichenden Großspeichers umsetzt.
Johannes Fechner und Wolfgang Streicher nehmen dazu Stellung:
DI Johannes Fechner:
Wichtig ist, hier auch die Anforderung der EU-Gebäuderichtlinie ernst zu nehmen, die vom Nearly-Zero-Energie-Standard ausgeht. Das zeigt, die erste Priorität liegt darin, den Wärmebedarf von Gebäuden aufs Minimum zu reduzieren und den verbleibenden Rest mit erneuerbarer Energie zu decken. D.h., wenn man dieser Idee folgt, versucht man zuerst, Wärmeschutz zu verbessern. Die Gewinnung der Solarenergie wird Standard werden, es kommt aber das Thema Flächenkonkurrenz. Jedes Gebäude hat nur eine beschränkte Dachfläche zur Verfügung, bei mehrgeschossigen Gebäuden steht die für mehrere Geschosse zur Verfügung. Die wird in erster Linie für die Stromerzeugung interessant sein.
In vielen Fällen macht es auch Sinn, Solarwärme zu nützen. Weil die Warmwasserbereitung kann damit doch in vielen Fällen sehr günstig dargestellt werden. Wir müssen aber doch mit den Flächen, die am Gebäude zur Verfügung stehen, effizient umgehen. Das Aufrechnen, man lässt beim Wärmeschutz nach, weil man das alles kompensieren kann, ist ein Gedanke, der mit Vorsicht zu genießen ist. Weil die Flächen- und auch Speicherbedarfsgrößen sind durchaus beachtlich. Sonnenhäuser mit Speichergrößen von 20-25 m3 sind auch eine bauliche Herausforderung. Kostet ja nicht nur Geld, sondern auch wieder Platz.
Univ. Prof. Dr. Wolfgang Streicher:
Und der zweite Ansatz ist dann, das, was ich übrig habe, mit möglichst viel erneuerbarer Energie, die ich möglichst am Gebäude erzeugen kann, zu decken.
Was ich alles decken muss am Gebäude, darüber streiten sich die Geister. Ich könnte sagen, ich mache nur Raumwärme und Heizung, ich kann auch sagen, ich habe das Elektroauto vor der Tür und möchte die Mobilität auch noch mit meinem Haus decken, mit den Flächen, die ich habe, und das Kochen natürlich auch und das Licht und was auch immer.
Und zuletzt könnte wer kommen und sagen, die Kleidung kauf ich eigentlich aus China und die Energie dafür müsste ich eigentlich auch am Haus erzeugen.
Also zuerst einmal ist der Begriff der Autarkie ein schwieriger. Was will ich den eigentlich decken damit. Was man grundsätzlich sagen kann, ist, dass die Fläche am Haus für alle diese Deckungen nicht ausreicht. Die ist einfach zu gering.
Das heißt, wir müssen, damit wir den Gesamtdeckungsgrad raufbringen, zuerst einmal den Bedarf soweit runterbringen wie irgendwie möglich.
Hilfreiche Quellen
- Initiative Sonnenhaus Österreich. url: http://www.sonnenhaus.co.at (besucht am 03. 04. 2016)
- Sonnenhaus Institut e.V.. url: http://www.sonnenhaus-institut.de/ (besucht am 03. 04. 2016)
- Sonnenhaus-Institut e.V., Hrsg. Broschüre "Das Sonnenhaus". url: http://www.sonnenhaus-institut.de/wp-content/uploads/SH-Brosch%C3%83%C2%BCre-2013.pdf (besucht am 03. 04. 2016)
- Katrin Koch. Sonnenhaus / Passivhaus. Vergleich zweier Baukonzepte für Minimalenergiebauweise. Diplomarbeit. 2007. url: http://www.sonnenhaus-institut.de/wp-content/uploads/2-Vgl-SH-PH-Diplomarbeit_Koch.pdf