Teil 1: Die Gründe für luftdichtes Bauen

Kurzbeschreibung: Dass luftdicht zu bauen ist, ist bereits seit mindestens 30 Jahren normativ verankert. Aber heute gibt es auch Spezialprodukte für das luftdichte bauen, die es vor 20 Jahren noch nicht oder nur in sehr geringem Ausmaß gab. Heute kann somit luftdichtes Bauen auch wirklich lückenlos umgesetzt werden. Der Unterschied zwischen "Luftdichtheit" und "Winddichtheit" wird beschrieben. Gründe werden angeführt, die für luftdichtes Bauen sprechen (Vermeidung von Bauschäden durch Wasser, Reduktion von Energie- und auch Feuchteverlusten, Vermeidung von Zugerscheinungen, Vermeidung der sommerlichen Überwärmung, Hygiene, Sicherstellung der Funktion von Lüftungsanlagen, Sicherstellung des Schalldämmmaßes von Bauteilen). Luftdicht bauen -Basics
Eine Serie in drei Teilen. Teil 1: Die Gründe für luftdichtes Bauen

Soeren Peper:
(PeperPHTagung2014, 4.38 - 5.43)
"Ich würde sagen, das ist in Deutschland identisch. In der Norm steht das seit 20, 30 Jahren, eher seit 30 Jahren. In der Norm steht drin, man muss luftdicht bauen. Und das hat keiner wirklich ernst genommen. Das stand überhaupt nicht im Fokus. Und ich würde nicht sagen, jetzt können wir plötzlich luftdicht bauen, wir konnten das auch vor 30 Jahren bestimmt schon. Was sich verändert hat, ist der Fokus und was sich auch verändert hat, sind die speziellen Baumaterialien und hier und da das Wissen darüber. Dass wir viele Produkte dazu bekommen haben, das sind Spezialprodukte, die gab es vor 20 Jahren nur sehr wenig oder gar nicht."
Luftdicht zu bauen ist also nichts grundsätzlich Neues. Bereits seit Jahrzehnten befinden sich entsprechende Regelungen in Normen.
Aber erst mit der Entwicklung der Niedrigenergie- und insbesondere der Passivhausbauweise kam das luftdichte Bauen richtig in den Fokus.
Es wurden entsprechende Planungs- und Ausführungsgrundlagen geschaffen und Produkte entwickelt, die luftdichtes Bauen erleichtern.
Bevor wir uns näher mit dem luftdichten Bauen beschäftigen, möchten wir noch auf den Unterschied zwischen Luftdichtheit und Winddichtheit hinweisen.
Die luftdichte Hülle verhindert das Entweichen von Luft von innen nach außen. Weiters verhindert eine luftdichte Hülle auch, dass Luft, die an einer bestimmten Stelle innen einströmt an einer anderen Stelle im Innenbereich wieder ausströmt.
Die Winddichtung verhindert das Eindringen von Außenluft in die Gebäudehülle und soll dampfdiffusionsoffen ausgeführt werden, damit die Feuchtigkeit aus dem Gebäudeinneren in der kalten Periode nach außen entweichen kann, ohne in der Konstruktion der Gebäudehülle zu kondensieren. Beide Ebenen aber, die luftdichte und die winddichte, und das klärt ggf. manche bisherige Verwirrung, sollen möglichst luftdicht ausgeführt werden.

Sprecher 2;
Welche Gründe sprechen nun für luftdichtes Bauen?

Erstens Vermeidung von Bauschäden durch Wasser: Innenraumluft enthält immer auch Wasserdampf, und bewegte Luft transportiert daher auch Wasserdampf. Im Falle von Luftundichtheiten gelangt feuchte Innenraumluft in die Gebäudehülle, ein Teil des Dampfes kondensiert während der Heizperiode dort aus. So kann es zu unzulässigen Zuständen kommen (das Kondenswasser kann im Sommer nicht mehr ausreichend aus der Konstruktion abtrocknen, oder das Material der Konstruktion kann die Feuchte nicht ausreichend aufnehmen).

Sprecher 2 / 3:
Dazu Wolfgang Feist, Universität Innsbruck und Leiter des Passivhaus Instituts in Darmstadt:

Univ. Prof. Dr. Wolfgang Feist:
"Luftdichtheit ist nicht etwas Neues, ist nichts, was allein für das Passivhaus wichtig ist. Ist etwas, wo diejenigen, die sich systematisch mit Bauschäden beschäftigt haben, schon lange, wenn sie genau nachgeschaut haben, gesehen haben, da liegt eines der Probleme im konventionellen Bau. Überall, wo die Gebäudehülle undicht ist, kann warme Luft von innen durch die Gebäudehülle nach außen exfiltrieren, hinausgeführt werden. Das führt im Winter, wenn die Luft sich abkühlt zu einem enormen Feuchtigkeitstransport in die Konstruktion hinein und dann bekomme ich diese feuchtebedingten Bauschäden. Weiß man sehr gut, ist der entscheidende Grund, warum Gebäudehülle luftdicht sein muss. Eine Empfehlung, die man unter allen Umständen gibt. Auch dort bietet das Passivhaus nur wieder eine enorme Erleichterung, weil es die Methoden offenlegt, wie man das erreichen kann."
Grundsätzlich dürfen aber der Transport von Wasserdampf durch Luftbewegung (Konvektion) und Wasserdampfdiffusion nicht miteinander verwechselt werden. Letztere Art des Wasserdampftransports findet ohne den gleichzeitigen Transport von Luft statt, die Wasserteilchen diffundieren durch Materialien hindurch. Hier geht es bei der Diffusion um feste Materalien, wie eben vor allem die Wandkonstruktion.

Was hat das mit Luftdichtheit zu tun? In den meisten Fällen kann und soll Wasserdampfdiffusion durch eine luftdichte Bauweise nicht verhindert werden. Der Aufbau der Gebäudehülle einschließlich jener Schicht, die die Luftdichtheit gewährleistet und deren Oberfläche als luftdichte Ebene betrachtet wird, beinflusst aber das Diffusionsverhalten - und dieser Einfluss muss bei der Planung des Feuchteverhaltens der Konstruktion mitberücksichtigt werden.

Der zweite bedeutende Grund für luftdichtes Bauen liegt in der Reduktion von Energie- und auch Feuchteverlusten in der Heizperiode: Es soll in dieser Periode kalter Außentemperaturen vermieden werden, dass unkontrolliert - das heißt ohne kontrollierten Wärmetausch - kalte Luft von außen in die Innenräume und umgekehrt warme Luft von innen an die Umgebung abgegeben wird (vor allem durch Winddruck bzw. vielmehr -sog). Jeder Luftstrom in und aus dem Gebäude, der in der Heizperiode nicht den Wärmetauscher einer kontrollierten Wohnraumlüftung passiert, ist für die Wärmerückgewinnung verloren.
Weiters trägt zu erhöhten Energieverlusten bei, dass bei von Luft durchströmter Wärmedämmung die Dämmwirkung deutlich reduziert wird. Das verhindert die winddichte Ebene.

Neben diesen beiden sehr bedeutenden Gründen für luftdichtes Bauen gibt es noch eine Reihe von weiteren Gründen, die für luftdichtes Bauen sprechen:

Behaglichkeit in der Heizperiode: Kalt einströmende Luft verursacht unangenehme Zugerscheinungen. Weiters neigen undichte Gebäude in der Heizperiode zu sehr niedrigen relativen Luftfeuchtigkeiten, was ebenfalls als unbehaglich wahrgenommen werden kann.

Verringerung einer möglichen sommerlichen Überwärmung: Außenluft, die in der warmen Jahreszeit tagsüber unkontrolliert über die Gebäudehülle in das Gebäudeinnere dringt, trägt zur Überwärmung bei. Diese Undichtheit erhöht also die Kühllast.

Hygiene: Außenluft strömt durch Fugen in der Baukonstruktion, in der sich Mineralfasern, Bakterien, jedenfalls undefiniertes Material befindet, das nach innen mitgerissen werden kann und das wir dann einatmen. Es kann auch zu Geruchsbelästigungen kommen, z. B. auch zwischen Wohneinheiten ("Mmm, was kocht Familie X heute denn Gutes?").
Es geht also beim luftdichten Bauen nicht nur um ein Abdichten gegen Außenluft, sondern jede Wohneinheit muss für sich luftdicht gebaut werden.

Sicherstellung der Funktion von Lüftungsanlagen: Eine Lüftungsanlage arbeitet optimal bei konstanten Druckverhältnissen, durch unerwünschte Luftströmungen bauen sich Druckdifferenzen auf, die ein Nachregeln der Anlage erforderlich machen, um die Luftströme balanciert, also ausgeglichen zu halten.

Sicherstellung des Schalldämmmaßes von Bauteilen: Bereits schmale Schlitze in einer Wand lassen die Wand als schalldurchlässig erscheinen. Die schallleitende Wirkung von kleinen Ritzen wird meist unterschätzt.

Teil 2: Luftdichtheit in der Bauordnung, Vier Planungsregeln

Kurzbeschreibung: Das entsprechende Zitat aus der OIB Richtlinie 6 zur Luftdichtheit wird gegeben, vor allem die beiden vorgeschriebenen maximalen n50-Werte betreffend: 3, sofern keine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung vorhanden ist, 1,5 bei einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Der maximale n50-Wert für Passivhäuser ist 0,6 pro Stunde. Die vier Planungsregeln zur Sicherstellung von Luftdichtheit werden aufgelistet: Luftdichte Ebene an der Innenseite des Außenbauteils; klare Festlegung der Bauteiloberfläche, die die luftdichte Ebene darstellt; Stiftregel; Festlegung der Realisierung von Anschlüsssen und Durchdringungen. Luftdicht bauen - Basics, Teil 2: Luftdichtheit in der Bauordnung, Vier Planungsregeln
Wie ist die Luftdichtheit in der österreichischen Bauordnung geregelt?

In der OIB Richtlinie 6 behandelt das Kapitel 12.2 die Luft- und Winddichte von Gebäuden. Auf die OIB-Richtlinie 6 wird in praktisch allen Bauordnungen in Österreich verwiesen. Sie ist also de facto Teil der Bauordnung.
Hilfreich ist, dass im Unterschied zu einer Norm auch ein zur Richtlinie gehöriger Leitfaden existiert, in dem die Überlegungen erläutert werden, die zu den Festlegungen in Richtlinie geführt haben.

Punkt 12.2.1 der OIB Richtlinie 6:
1. Beim Neubau muss die Gebäudehülle luft- und winddicht ausgeführt sein, wobei die Luftwechselrate n50 - gemessen bei 50 Pascal Druckdifferenz zwischen innen und außen, gemittelt über Unter- und Überdruck und bei geschlossenen Ab- und Zuluftöffnungen (Verfahren A) den Wert 3 pro Stunde nicht überschreiten darf.

2. Wird eine mechanisch betriebene Lüftungsanlage mit oder ohne Wärmerückgewinnung eingebaut, darf die Luftwechselrate n50 den Wert 1,5 pro Stunde nicht überschreiten.

3. Bei Wohngebäuden mit einer Brutto-Grundfläche von nicht mehr als 400 m2 , Doppel- bzw. Reihenhäusern ist dieser Wert für jedes Haus, bei Wohngebäuden mit einer Brutto-Grundfläche von mehr als 400 m2 für jede Wohnung bzw. Wohneinheit einzuhalten.

4. Ein Mitteln der einzelnen Wohnungen bzw. Wohneinheiten ist nicht zulässig. Der Wert ist auch für Treppenhäuser, die innerhalb der konditionierten Gebäudehülle liegen, inklusive der von diesen erschlossenen Wohnungen einzuhalten.

Für Passivhäuser ist das Luftdichtheitskriterium strenger definiert: Ein n50-Wert von 0,6 pro Stunde darf hier nicht überschritten werden. Es ist auch möglich und fallweise Planungspraxis, dass noch niedrigere n50-Werte in einer Ausschreibung gefordert werden.

Vier Planungsregeln zur Sicherstellung von Luftdichtheit

Die folgenden vier Regeln geben einen ersten Überblick, worauf es bei der Planung in Bezug auf Luftdichtheit ankommt. Diese Regeln stammen aus dem klima:aktiv Skriptum "Luft- und winddichte Gebäudehülle" und werden im weiteren Verlauf dieses Beitrags noch näher erläutert.

Regel 1: Die Luftdichtungsebene befindet sich an der Innenseite des Außenbauteils, die
Winddichtungsebene befindet sich an der Außenseite des Außenbauteils.

Regel 2: Für jedes Bauteil wird festgelegt, welche Bauteilschicht die Luftdichtung
übernimmt.

Regel 3: Stiftregel: Die luftdichte Ebene umschließt das Gebäude ohne Unterbrechung. Das
beheizte Gebäudevolumen wird im Schnitt bzw. im Grundriss lückenlos mit einem Stift
nachgezeichnet. Es gibt nur je eine durchgehende Luft- bzw. Winddichtebene.

Regel 4: In der Planung wird festgelegt, wie die luftdichten Bauteilschichten an den Stößen
dauerhaft luftdicht verbunden und unvermeidbare Durchdringungen abgedichtet werden.

Teil 3: Die luftdichte Ebene, Die Stiftregel

Kurzbeschreibung: Der Begriff der "luftdichten Ebene" wird eingehender erläutert . Das eigentliche Problem, die Luftdichtheit eines Gebäudes zu erreichen, sind praktisch immer die Fugen bei Anschlüssen. Es wird empfohlen, die unvermeidlichen Durchdringungen der Gebäudehülle an wenigen Stellen zu bündeln bzw. zu konzentrieren. Die "Stiftregel" wird beschrieben. Univ. Prof. Dr. Wolfgang Feist antwortet auf die Frage, ob es technisch im Massiv- oder im Holzbau leichter sei, ausreichende Luftdichtheit zu erreichen. Luftdicht bauen - Basics, Teil 3: Die luftdichte Ebene, Die Stiftregel

Soeren Peper:
(PeperPHTagung2014, 25.38 - 26.10)
"Wenn wir so eine Planung haben, vom Passivhaus, dann muss der Architekt eine eindeutige luftdichte Ebene festlegen, es darf nur eine geben, ich kann auch fünf machen, aber es hilft nichts, wir brauchen also eine luftdichte Ebene, dann kann geklärt werden, wenn man weiß, wie sie verläuft, wie sie realisiert wird."
Soweit Sören Peper, Mitarbeiter des Passivhaus Instituts Darmstadt.

Eine entsprechende "Luftdichtheitsschicht", also eine spezielle Folie, Platten, Putz, Beton, etc., soll die unerwünschte Luftströmung durch Bauteile verhindern und ist in der Regel auf der Warmseite der Gebäudehülle, also innen, anzubringen. Warum auf der Warmseite? Um zu verhindern, dass warme, feuchtebeladene Innenraumluft in die kälteren, also weiter außen gelegenen Teile der Wandkonstruktion eindringen kann.

Die luftdichte Ebene ist eine Oberfläche, also ein zweidimensionales Gebilde. Sie wäre in den obigen Fällen also jeweils die rauminnenseitig liegende Oberfläche der Folie, die Oberfläche des Betons etc. Die luftdichte Ebene ist also nicht "der Beton", sondern seine Oberfläche. Das ist deshalb wichtig, da Anschlüsse immer an die luftdichte Ebene erfolgen. Sagt man "Die Folie ist luftdicht an den Beton anzuschließen", ist das im Grunde also nicht eindeutig und nicht korrekt, auch wenn in den meisten Fällen klar sein wird, dass die Innenoberfläche des Betons gemeint ist.

Die luftdichte Ebene muss lückenlos verlaufen (ohne Fugen, Löcher, etc.), sie muss also das gesamte Gebäudevolumen, das belüftet werden soll, wie ein Ballon, Plastiksack bzw. "Inliner" luftdicht umhüllen. Sogar so kleine Komponenten wie Steckdosen werden hier in die Planung einbezogen. Die Ebene muss zwar luftdicht sein, sie kann hingegen durchaus wasserdampfdurchlässig sein - und ist es in den meisten Fällen auch.

Das eigentliche Problem sind die Anschlüsse.

Soeren Peper:
(PeperPHTagung2014, 30.35 - 31.16)
In der Fläche haben wir vier Gruppen von Materialien, die luftdicht sind: Beton, harte Holzwerkstoffplatten, Putz, und Folien oder armierte Baupappen.
Leckagen treten immer da auf, wo unterschiedliche Luftdichtheitsflächen miteinander verbunden werden, an Stößen, Verbindungen und an Durchdringungen.
Luftdichtheit "in der Fläche" zu erreichen, ist in der Regel kein Problem:
Entweder eine Komponente, z. B. eine Platte, ist zu luftdurchlässig oder nicht. Das kann im Prüflabor getestet werden, z. B. die Luftdurchlässigkeit von OSB-Platten in Abhängigkeit ihrer Dicke. Dabei geht es nur um die Dichtheit "in der Fläche", ausgeklammert werden also Luftdichtheiten an den Stößen der Platte, also die Einbaufugen.

Entscheidend ist aber meist nicht, die Luftdichtheit in der Fläche zu erreichen, sondern die Gestaltung von Anschlüssen von Bauteilen, also der dauerhaften Abdichtung von Fugen! Genau vorzugeben ist dem Ausführenden zum Beispiel, wie eine OSB-Platte an das Mauerwerk angeschlossen werden soll.

Sören Peper nennt einige Beispiele für kritische Stellen, wo es immer wieder zu Leckagen kommen kann:

Soeren Peper:
(PeperPHTagung2014, 31.16 - 33.30)
Beispiel Fensteranschlussfugen. Fenster in sich sind luftdicht. Das eingebaute Fenster kann ein Problem sein.
Anschluss Dach an die Wand. Unten beim Haus am Fußpunkt, z.B. Keller, wenn er in der luftdichten Ebene ist oder Erdgeschoß von der Wand zum Fußboden.
Das sind so die laufenden Meter an Leckagen, die man haben kann.
Hinter Sanitärobjekten und an solchen Stellen, wo man später nicht mehr verputzen kann, dort schauen, dass es auch verputzt ist. Reicht, wenn mal da mal glattgestrichen wird.
Dann ganzes Paket der Durchdringungen. Möglichst an einer oder zwei Stellen konzentrieren, was möglich ist, was aber ein bißchen Arbeit macht. Einfacher an einer Stelle konzentrieren, die Stelle kann man dann meinetwegen vergießen, mit Abdichtungsmaterialien verschließen - übersichtlicher, wenn man nur ein, zwei Stellen hat.
Das sind typische Stellen, die man sucht bei einer Blower-Door Messung.
Die Stiftregel

Soeren Peper:
"Der Handwerker kann nichts luftdicht bauen, was der Planer nicht vernünftig geplant hat. Der Planer legt das mal fest mit der sogenannten Stfitregel. Die Stiftregel bedeutet, ich kann mit einem Stift um die Hülle herumfahren und kann für jede Stelle bestimmen, wie die luftdichten Anschlüsse dort geplant sind. Und damit habe ich überhaupt festgelegt, wo ist meine luftdichte Ebene."
Die Stiftregel ist ein methodisches Hilfsmittel, um die kritischen Punkte der Luftdichtheit bereits in der Planungsphase zu ermitteln. Es geht dabei um das "Aufspüren" von Problembereichen bei luftdichten Anschlüssen. Der Test bzw. die Regel besteht aus folgendem:
Wenn man mit einem Stift auf einem Planausdruck eine beliebige Bahn entlangfährt, die sich auf der luftdichten Ebene befindet, darf es auf dieser Bahn nie zu Unterbrechungen oder Unklarheiten im Aufbau der luftdichten Schicht kommen. Dies ist insbesondere bei Anschlüssen von Bauteilen wie bei Fenstern, Geschoßdecken, Anschluss des Daches, Rohrdurchführungen wichtig.

Man sieht schon: Jene Strecken, dieser Bahn, die entlang einer Wand verlaufen, sind planerisch uninteressant, interessant wird es immer, wenn der Stift den Übergang zweier Bauteile oder Materialien kreuzt. Natürlich ist wichtig, den "Stift-Test" nicht nur auf Vertikal- sondern auch auf Horizontalschnitte des Gebäudes anzuwenden, um möglichst keine Problembereiche von Anschlüssen zu übersehen.

Eine bisweilen umstrittene Frage: Proponenten des Massivbaus behaupten fallweise, im Massivbau sei es leichter, ausreichende Luftdichtheit zu erreichen, während andererseits Proponenten des Holzbaus behaupten, dies sei im Holzbau leichter zu erreichen.
Welche Seite hat nun recht?
Dazu Wolfgang Feist:

Univ. Prof. Dr. Wolfgang Feist:
Ich finde es interessant, dass inzwischen beide Seiten für sich in Anspruch nehmen, dass sie es leichter können. Das ist ein gewaltiger Fortschritt.
Ich habe für beide Bauweisen jeweils unterschiedliche Verfahren, wie ich die Luftdichtheit erreiche.
Beim Massivbau ist es der Putz, beim Holzbau ist die Holzwerkstoffplatte, die an den Rändern luftdicht abgeklebt wird oder die Luftdichtungsbahn.
Wenn ich die jeweiligen Verfahren nach den Regeln der sorgfältigen Planung, des sorgfältigen Baus ausführe, kriege ich beide Male dauerhaft luftdichte Verbindungen. Und ich kann den Baumeistern und den Zimmerleuten, die das seit langem machen, nur bestätigen, dass das auch funktioniert. Wir haben mittlerweile zehntausende von realisierten Passivhäuser, wo diese Werte von 0,6 unterschritten wurden. Zehntausende im Massivbau, zehntausende im Holzbau.
Unsere Erfahrung sagt, es geht bei beiden Bauweisen, und als Dämpfer, man kann es auch bei beiden Bauweisen falsch machen. Es ist nie besonders schwierig, auch eine ganz schlechte Hülle zu bauen.


Sie hörten den dritten und letzten Teil der Serie "Luftdicht bauen - Basics", ein Beitrag der Reihe EnergieAudioAkademie, gestaltet von Thomas Lewis und Ernst Schriefl. Gesprochen haben die Gestalter und Sabrina Adlbrecht. Dieser Beitrag wurde im April 2015 fertiggestellt. Das Projekt EnergieAudioAkademie wird im Rahmen des Programms Haus der Zukunft Plus gefördert.

Hilfreiche Quellen

Downloads zu Luftdichtigkeit

  1. Johannes Fechner. klima:aktiv Fachinformation luft- und winddichte Gebäudehülle Skriptum Grundlagen. klima:aktiv, 2013. 17 S. url: http://www.klimaaktiv.at/publikationen/bauen-sanieren/qualitaetslinien/gebauedehuelle.html
  2. Dokumente ("Module") aus dem E-Genius-Projekt, das ein Schwester-Projekt des Clipit-Projekts ist:
    1. Magdalena Burghardt, Michael Pfleger, Burkhard Schulze Darup und Katharina Zwiauer. Hocheffiziente Sanierung. GrAT, www.e-genius.at. 55 S. url: http://www.e-genius.at/thermische-energetische-gebaeudesanierung/hocheffiziente-sanierung (besucht am 22. 10. 2012). Kurzbeschreibung: Eines der Dokumente aus dem E-Genius-Projekt, das für Schulen erstellt wurde.Kapitel zu Luftdichtheit
    2. Burkhard Schulze Darup, Robert Wimmer, Stefan Prokupek und Hannes Hohensinner. Grundlagen Passivhaus. GrAT, www.e-genius.at. 47 S. url: http://www.e-genius.at/energieeffiziente-gebaeudekonzepte/grundlagen-passivhaus (besucht am 25. 10. 2014). Kurzbeschreibung: Kapitel "Wie plane ich die luftdichte Ebene?"
  3. Empfehlung für luftdichtes Bauen im Ziegel-Massivbau (Informationsbroschüre). Verband Österreichischer Ziegelwerke, 2007 (Download). 8 S. url: http://www.ziegel.at/download.php?file=rcms/upload/publikationen/Luftdichtheit.pdf. Kurzbeschreibung: Eine ältere, aber sehr gute Broschüre mit vielen konkreten Hinweisen
  4. Diverse Ausschreibungstexte von Herstellern, z. B. von proclima.
  5. Architektenkammer Baden-Württemberg. Luftdichtheit von Gebäuden Schnittstellen zur Qualitätssicherung. Landesgewerbeamt Baden-Württemberg, 2003. 24 S. url: http://www.akbw.de/fileadmin/download/dokumenten_datenbank/AKBW_Broschueren/Nachhaltigkeit/luftdichtheit.pdf
  6. Stefan Born. Luftdichte Elektroinstallation zur Vermeidung von Lüftungswärmeverlusten und Wärmebrücken. In: HEA Impulse 1 (2009). url: http://www.hea.de/tmp/pdf/fachbeitrag-luftdichte-elektroinstallation.pdf
  7. Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Umwelt und Wasserwirtschaft, Abteilung Umweltschutz, Gruppe Bauphysik. Luftdichtheit von Gebäuden Langzeitverhalten (Projektbericht). 2013. 8 S. url: http://www.land-oberoesterreich.gv.at/cps/rde/xbcr/ooe/US_Bauphysik_Endbericht_Dauerhaftigkeit_Luftdichtheit.pdf
  8. Pro Clima. Sanierungs-Studie: Lösungen für die Luftdichtheit bei energietechnischen Sanierungen von Dachkonstruktionen. Funktionstechnische Platzierung der Luftdichtung in Konstruktionen. 2014. 18 S. url: https://de.proclima.com/media/downloads/de_w_Bauphysik-Sanierungs-Studie_2.pdf
  9. Martin Ploss. klima:aktiv Bauen und Sanieren Erläuterung zum Kriterium A 2.1 Gebäudehülle luftdicht. Mai 2014. 10 S. url: http://www.klimaaktiv.at/dms/klimaaktiv/bauen-sanieren/gebaeudedeklaration/kriterienkatalog/2014_erlaeuterung_gebaeudehuelle-luftdicht.pdf
  10. Ökobaucluster NÖ. Empfehlung für luftdichtes Bauen. 2005

Websites

  1. Passipedia Artikelsammlung zu Luftdichtheit. url: http://www.passipedia.de/planung/luftdichtheit (besucht am 04. 04. 2016)
  2. Warum luftdicht bauen? - Die Problematik von Undichtheiten
  3. url: http://www.luftdicht-forum.de (besucht am 25. 10. 2014)
  4. url: http://www.blowerdoor.de (besucht am 25. 10. 2014)
  5. Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen e.V.. url: http://www.flib.de/ (besucht am 25. 10. 2014)

Filme

  1. Das Passivhaus in der Praxis - Teil 4: Luftdichtheit – Ausführungsbeispiele https://vimeo.com/clipit/oebavortragteil4luftdichtheitausfuehrungsbeispiele Länge: 22.37 Min.
  2. Clip it! Filme zu "Luftdichtes Bauen"

Bücher zu Luftdichtheit

  1. Christof Riccabona und Thomas Bednar. Baukonstruktionslehre 4 - Bauphysik. 9. Aufl. Manz, 2013. Kurzbeschreibung: Ein Lehrbuch zur Bauphysik, das sicher allen HTL-LehrerInnen bekannt ist, wurde es doch vorwiegend für den Unterricht an HTLs entworfen. Siehe das entsprechende Kapitel 4.2, "Luft- und Winddichtheit", S. 216-228
  2. Wolfgang Feist. Gestaltungsgrundlagen Passivhäuser. Das Beispiel, 2001. Kurzbeschreibung: Dieses Buch ist eine Grundlage, wenn es um das energieeffiziente Bauen auf Passivhausstandard geht. Das Buch stammt zwar aus 2001, ist aber praktisch zu 100% aktuell, was die grundsätzlichen Inhalte zum Passivhausbau betrifft
  3. Zeno Bastian u. a. EnerPHit-Planerhandbuch. Passivhausinstitut, 2012. url: http://www.passiv.de/de/03_zertifizierung/02_zertifizierung_gebaeude/04_enerphit/04_enerphit-planer-hb.htm. Kurzbeschreibung: Das Buch behandelt Passivhäuser in der Sanierung. Es liefert interessante Details, bisweilen auf hohem Niveau. Vieles davon sind Grundprinzipien, die genauso oder ähnlich für den Neubau gelten. Eine hochlohnenswerte Investition!
  4. Sämtliche einschlägigen Protokollbände des Arbeitskreises kostengünstige Passivhäuser. Diese Bände können beim Passivhausinstitut bezogen werden, z. B. Arbeitskreis kostengünstige Passivhäuser. Protokollband Nr. 24, Einsatz von Passivhaustechnologien bei der Altbaumodernisierung. 1. Aufl. 2003
  5. Berthold Kaufmann, Wolfgang Feist, Markus John und Matthias Nagel. Das Passivhaus – Energie-Effizientes-Bauen, Holzbau Handbuch Reihe1 Teil 3 Folge 10. 2002: Verschiedene Details als Schnittzeichnung aus dem Holzbau jeweils mit Angabe der luftdichten Ebene.

Normen und Richtlinien zur Luftdichtheit1

  1. OIB (Österreichisches Institut für Bautechnik). OIB-Richtlinie 6 - Energieeinsparung und Wärmeschutz. 2015. url: http://www.oib.or.at/sites/default/files/richtlinie_6_26.03.15.pdf. Kurzbeschreibung: Kapitel 4.9, "Luft- und Winddichtheit" (sehr kurz). Auf die OIB-Richtlinie 6 wird in praktisch allen Bauordnungen verwiesen. Sie ist also de facto Teil der Bauordnung. Hilfreich ist, dass im Unterschied zu einer Norm auch ein zur Richtlinie gehöriger Leitfaden existiert, in dem die Überlegungen erläutert werden, die zu den Festlegungen in Richtlinie geführt haben
  2. Österreichisches Normungsinstitut. ÖNORM EN 13829: Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden - Bestimmung der Luftdurchlässigkeit von Gebäuden. Mai 2001. Kurzbeschreibung: Das war jene Norm, gemäß der der Luftdichtheitstest durchzuführen ist, ersetzt durch ÖNORM EN ISO 9972.
  3. Deutsches Normungsinstitut. DIN 4108-7: Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 7: Luftdichtheit von Gebäuden – Anforderungen, Planungs- und Ausführungsempfehlungen sowie -beispiele. Jan. 2011. Kurzbeschreibung: Diese Norm existiert nur als deutsche Norm (keine EU-Norm)
  4. Österreichisches Normungsinstitut. ÖNORM 5320, Bauanschlussfuge für Fenster, Fenstertüren und Türen in Außenbauteilen - Grundlagen für Planung und Ausführung. 1. Sep. 2006