Teil 1 - Die Ausgangssituation

Kurzbeschreibung: Ein Wiener Gründerzeitgebäude wird im Rahmen eines geförderten Demonstrationsprojektes auf Passivhausstandard saniert. Die Baugeschichte des Gebäudes und die daraus resultierende Ausgangssituation vor der Sanierung werden skizziert. Sanierung eines Gründerzeitgebäudes auf Passivhausstandard
Eine Serie in fünf Teilen
Teil 1 - Die Ausgangssituation

Andreas Kronberger:
Es ist das erste Gründerzeithaus, das zum Passivhaus saniert wird und auch so funktionieren soll. [. . . ] Es ist nach allen Kriterien ein Passivhaus, aus meiner Sicht das Wichtigste ist, dass es als Passivhaus funktionieren muss.
Die Sanierung eines Gebäudes zum Passivhaus gilt als sehr schwierig bzw. aufwändig. Dennoch gibt es vereinzelte Beispiele, wo eine derart ambitionierte Sanierung durchgeführt wurde.
In diesem Beitrag wollen wir uns den Fall eines Gründerzeitgebäudes in Wien genauer ansehen, das nach der Sanierung den Passivhausstandard erreichte.

Die Ausgangssituation

Als Gründerzeitgebäude werden üblicherweise Gebäude aus der Bauperiode zwischen 1848 und 1918 bezeichnet. Äußerlich auffällig an Gründerzeitgebäuden sind die oft aufwändig gestalteten mit Stuckornamenten versehenen Straßenfassaden. In bautechnischer Hinsicht sind Gründerzeitgebäude durch ein Vollziegelmauerwerk mit hohen Wandstärken, große Geschoßhöhen und Holzbalkendecken bzw. massive Gewölbedecken über dem Keller charakterisiert.
Gründerzeitgebäude sind sowohl durch ihre Menge als auch durch die kulturhistorische Prägung des Stadtbildes ein wesentlicher Teil des Baubestandes von Wien und vielen anderen Städten im ehemaligen habsburgischen Einflussbereich. In Wien befinden sich derzeit etwa 20.000 klassische Gründerzeit-Zinshäuser im engeren Sinn.

Das Gebäude in der Eberlgasse 3 im zweiten Wiener Gemeindebezirk wurde im Jahr 1888 errichtet, während des zweiten Weltkriegs erlitt das Gebäude schwere Schäden aufgrund von Bombentreffern.
Im Zuge des Wiederaufbaus nach dem zweiten Weltkrieg wurde die ursprüngliche neoklassizistische Gründerzeitfassade abgeschlagen bzw. nicht wieder hergestellt. Ein Umstand, der sich allerdings günstig auf die umfassende Sanierung dieses Gebäudes auswirkte.
Der Bauherr Andreas Kronberger, der auch für die Planung und Bauleitung des Sanierungsprojekts des Gebäudes in der Eberlgasse mitverantwortlich war:

Andreas Kronberger:
Also wir stehen jetzt vor der Fassade der Eberlgasse 3. Wie man ganz gut erkennen kann, ist es ein Mittelzinshaus, relativ klein. Wir haben eine für unsere Zwecke zur Sanierung zum Passivhaus ideale Orientierung, nämlich genau Nord-Süd. Da es im Krieg relativ stark beschädigt wurde und die oberen beiden Geschoße faktisch ein Wiederaufbau sind, wurde danach der Rest der klassizistischen Fassade auch abgeschlagen, was uns in unserem Fall sehr geholfen hat mit dem Aufbringen des Vollwärmeschutzes.
In den Jahrzehnten nach dem Wiederaufbau wurden an dem Gebäude in der Eberlgasse 3 lediglich kleinere Instandhaltungsmaßnahmen gesetzt, was dazu führte, dass zu Planungsbeginn im Jahr 2009 ein erheblicher Investitionsrückstau vorhanden war. Die bauliche Situation vor der Sanierung war gekennzeichnet durch fehlende Barrierefreiheit, nicht mehr dem Stand der Technik entsprechende Versorgungsleitungen, hohen Heizenergiebedarf, unzeitgemäßen Wohnstandard sowie eindringende Feuchtigkeit am Dach.

Andreas Kronberger:
Wir haben da vorgefunden unterschiedlichste Baujahre. Im Erdgeschoß hatten wir noch die Originalfenster, die den Krieg überlebt haben, dann gab es Nachkriegsholzfenster und Kunststofffenster, alle Generationen. Von den ersten, die mittlerweile 30 Jahre alt waren bis zu knapp 20 Jahre alten, die alle komplett getauscht werden.
Wir hätten den Dachstuhl gern erhalten, aber der war in einem Zustand, der fast gefährlich war. Das hätte eigentlich schon vor 15 Jahren gemacht werden sollen. Wir haben sogar Holzschaben gefunden im Dachgeschoß, war relativ aufwändig.

Motivation und Gesamtkontext

Die Sanierung des Gebäudes in der Eberlgasse ist Teil des größer angelegten Leitprojekts "Gründerzeit mit Zukunft". Ziel dieses Leitprojekts ist die forcierte gesamtheitliche Sanierung von Gründerzeitgebäuden unter Anwendung innovativer technischer und organisatorischer Lösungen. Neben dem Projekt in der Eberlgasse wurden im Zuge dieses Leitprojekts noch drei weitere Sanierungs-Demoprojekte von Gründerzeitgebäuden in Wien durchgeführt. Diese Projekte erreichten nach der Sanierung allerdings nicht den Passivhausstandard.
Das Ziel des Demonstrationsprojekts in der Eberlgasse war es aufzuzeigen, dass ein typisches Gründerzeithaus mit glatter Fassade mit heute zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten den Passivhausstandard erreichen kann.
Hervorzuheben ist die sehr große persönliche Motivation des Bauherrn Andreas Kronberger:

Andreas Kronberger:
Für mich war es ein persönliches Anliegen, ich bin ja selbst Bautechniker, habe mich viel mit Energieeffizienz beschäftigt. Ich habe in Wien studiert, und habe mir immer gedacht, schön, wenn die Neubauqualitäten hoch sind und wir da ein gutes thermisch-energetisches Niveau erreichen,
aber wenn gerade in Städten wie Wien ein derart hoher Altbestand nicht auch dementsprechend saniert wird, werden wir nie in einen Bereich kommen, wo wir zukünftig die Verbräuche wirklich massiv reduzieren. Ich habe mir einfach gedacht, das muss man einmal ausprobieren.

Teil 2: Die Gebäudehülle

Kurzbeschreibung: Folgende Maßnahmen wurden an der Hülle gesetzt:
  1. 32 cm EPS WDVS, auch straßenseitig. Die entsprechenden Schwierigkeiten mit den Wiener Baubehörden werden beschrieben.
  2. Kellerdeckendämmung an der Unterseite (Abhängung mit OSB-Platten, Hinterfüllung mit Mineralwolle sowie Kragendämmung zur Entschärfung der Wärmebrücke der aufgehenden Außenmauern).
  3. Fenstertausch gegen 3-Scheiben-verglaste Fenster mit Holz-Alu Rahmen in Passivhausqualität. Abschrägung der Laibungen für einen besseren Lichteinfall
  4. Maßnahmen zur Luftdichtigkeit. Ein n50-Wert von 0,6 konnte unterschritten werden.
Die wesentlichen durchgeführten Maßnahmen - Gebäudehülle
Sanierung eines Gründerzeitgebäudes auf Passivhausstandard - Teil 2: Die Gebäudehülle

Was sind nun die wesentlichen Maßnahmen, die aus dem Gründerzeitgebäude in der Eberlgasse, das vor der Sanierung einen spezifischen Heizwärmbedarf von 178 kWh/m2 a aufwies, ein Passivhaus machten? Welche Herausforderungen in Planung und Ausführung stellten sich dabei?
Wir beginnen mit der Gebäudehülle.

Die Fassade wurde mit einem 32 cm dicken Wärmedämmverbundsystem gedämmt. Verwendeter Dämmstoff: EPS mit eingelagertem Graphit, Wärmeleitfähigkeit Lambda: 0,031 Watt pro Meter Kelvin (W/mK). Das Anbringen der Dämmung erfolgte in zwei Lagen. Die erste 8 cm dicke Lage wurde an die Bestandswand geklebt und gedübelt, die zweite 24 cm dicke Dämmlage wurde zur ersten Lage versetzt mit der Randwulst-Streifen Methode geklebt.
Die gewölbten Kellerdecken wurden an der Unterseite gedämmt. Die Montage der Dämmung erfolgte mit Hilfe von abgehängten Deckensystemen aus OSB-Platten. Die Hohlräume wurden mit Mineralwolle ausgelegt. Die Dämmdicke an der Kellerdecke beträgt im Schnitt 29 cm, ein U-Wert 0,13 Watt pro m2 Kelvin (W/m2 K) wurde erreicht. Zur Reduktion von Wärmebrücken wurde an der Innenseite der Außenmauer des Kellergeschoßes eine 20 cm dicke Kragendämmung aus Mineralwolle in einer Höhe von 1 m 20 angebracht.
Entlang der Hoffassade wurde der Perimeterbereich gedämmt. Als Dämmmaterial kamen 20 cm dicke XPS Hartschaumplatten zum Einsatz. Diese wurden über eine Höhe von ca. 1,5 m in das Erdreich eingebunden.
Alle bestehenden Fenster wurden durch 3-Scheiben-verglaste Fenster mit Holz-Alu Rahmen in Passivhausqualität ersetzt. Die Fenster sitzen in der Dämmebene, die Fensterrahmen sind überdämmt, zur Optimierung des Lichteinfalls sind die Laibungen allerdings in einem Winkel von 45 Grad abgeschrägt. Auf einen wärmebrückenfreien und luftdichten Einbau wurde besonderer Wert gelegt.
Die Herstellung der für das Passivhaus geforderten Luftdichtheit erwies sich als langwieriger, gestufter Prozess. Es wurden mehrere Luftdichtheitsmessungen und damit verbundene Leckageortungen durchgeführt. Es wurden solange Ausbesserungen durchgeführt, bis der für das Passivhaus geforderte n50-Wert von 0,6 pro Stunde für eine Wohneinheit unterschritten wurde.
Vor der Sanierung des Gebäudebestandes auf Passivhausstandard wurde bereits ein Dachgeschoßausbau mit 2 Wohneinheiten auf 2 Geschoßebenen realisiert. Für diesen Dachgeschoßausbau wurde nicht der Passivhausstandard, allerdings ein guter Niedrigenergiestandard erreicht. Dieser Teil des Gebäudes ist daher auch nicht Teil der Passivhaus-Sanierung und wird in der Passivhaus-Berechnung nicht berücksichtigt. Die Dachgeschoßwohnnungen sind aber in die zentrale Lüftungsanlage eingebunden.

Eine besondere Herausforderung bestand darin, die Baubehörden von der Notwendigkeit der großen Dämmdicke von 32 cm bei der Außenwand zu überzeugen. Straßenseitig wird dadurch die Gehsteigbreite entsprechend reduziert. Diese hohe Dämmdicke konnte nur mit einer Ausnahmegenehmigung erreicht werden, wie Andreas Kronberger darlegt:

Andreas Kronberger:
Das war im gesamten Genehmigungsverlauf eigentlich das Schwierigste, sowohl straßen- als auch hofseitig. Hofseitig überschreiten wir die Baufluchtlinie damit, straßenseitig selbstverständlich auch. Das war wirklich von der Behördenarbeit, von der Überzeugungsarbeit am langwierigsten.
Da gibt's viel Verständnis, es gibt aber eben auch relativ strenge Vorschriften, man muss das den Leuten relativ genau erklären, und von Behördenseite muss es manchmal Leute geben, die sagen, ja ok, die Vorschrift ist so, wir müssen damit aber auch flexibel umgehen. Das heißt, es gibt halt in manchen Bereichen Spielräume, und die können ausgenutzt werden oder nicht, und da muss man dann eben auf Leute treffen, die bereit sind, das auszunutzen.
(Eberlgasse20130607x03.wav, 27.00 - 27.43)
Ursprünglich wurde uns zugestanden eine Ausnahme nach 69a, also eine temporäre bis auf Widerruf gestattete Ausnahme, wobei wir dann gesagt haben, das ist ein essentieller Bestandteil für das Passivhaus. Selbst wenn es unwahrscheinlich ist, dass wir irgendwann einmal aufgefordert werden, die Dämmung wieder abzunehmen, das würde das ganze Konzept wirklich unmöglich machen und wir brauchen eine dauerhafte Lösung. Wir haben dann über den Bezirk eine echte Ausnahmegenehmigung erhalten.

Bis zum Jahr 2014 war die "nachträgliche Anbringung einer Wärmedämmung an nicht gegliederten Fassaden rechtsmäßig bestehender Gebäude außerhalb von Schutzzonen und Gebieten mit Bausperre" in Wien nur bis 16 cm über Fluchtlinien und in Abstandsflächen nicht bewilligungspflichtig.
Die Novelle 2014 der Wiener Bauordnung sieht eine Erhöhung der Dicke der nachträglich zulässigen Anbringung einer Wärmedämmung von 16 auf 20 cm über Fluchtlinie und in Abstandsflächen vor. Sanierungen mit Dämmstoffdicken, wie sie für Passivhäuser notwendig sind, werden somit weiterhin bewilligungspflichtig sein.

Ein typischer kritischer Punkt bei einer ambitionierten thermischen Sanierung ist die Dämmung zum Keller bzw. zum Erdreich hin.
Der Bauphysiker Helmut Schöberl, verantwortlich für die bauphysikalische Betreuung des Sanierungsprojekts Eberlgasse, nimmt dazu Stellung:

Helmut Schöberl:
Wir wissen, im Bestand haben wir einfach Wärmebrücken, die werden wir nicht weg bekommen. Also, z.B. steht das Gebäude einfach auf einem Keller. Ich kann das Gebäude dort nicht einfach unten wegschneiden und dort irgendwelche Wärmebrückenentkoppelungen machen. D.h., ich habe schon mal einen schlechteren Start und muss das durch andere Maßnahmen kompensieren.
Im Fall der Sanierung des Gebäudes in der Eberlgasse entschied man sich letztlich dafür, die Unterseite der Kellerdecke mit Mineralwolle in einer abgehängten Konstruktion zu dämmen.

Andreas Kronberger:
So, wir sind jetzt da im Kellerbereich. Wir haben die Gewölbedecken bereits ausgedämmt, haben eine Trockenbaukonstruktion gemacht, die voll mit Dämmung hinterfüllt wurde. Da waren mehrere Varianten im Gespräch, zuerst überlegt, Tektalan Dämmung zu machen. Wir haben das ausprobiert, das Anarbeiten an die Bögen kann einfach nicht fugenlos erfolgen, da hätten wir zu viele Wärmebrücken produziert. Wir haben uns dann entschlossen, eine gerade Trockenbaukonstruktion einzubauen. [. . . ] Das Tektalan ist viel härter, man kann es leicht biegen, aber an Bögen heranarbeiten ist sehr schwer. [. . . ] Wir haben den Unterbau gemacht, das wurde dann eben mit der Mineralwolle ausgedämmt, und dann einfach die Untersicht verkleidet.
(Eberlgasse20130607x02.wav, 2.32 -3.09)
Unser PHPP hat ergeben, dass wir etwa 20 cm Kellerdeckendämmung brauchen, wir haben dann zur Sicherheit 22 cm als Ausgangswert verwendet, sind jetzt wahrscheinlich im Schnitt, dadurch dass wir das mit Dämmung ausgestopft haben, bei mehr. Wir kommen im Schnitt auf ca. 25 cm, zusätzlich sind alle Wände mit Kragendämmungen versehen, auf 1 Meter 20 wurde das heruntergezogen, und alle Gurtbögen werden mit Dämmung verkleidet.

Wie bereits erwähnt, wurden die Rahmen der in der Dämmebene sitzenden Fenster überdämmt und die Fensterlaibungen zur Verbesserung des Lichteinfalls abgeschrägt, wie Andreas Kronberger erläutert:

Andreas Kronberger:
Teil der luftdichten und gut wärmegedämmten Hülle sind zum einen die Fenster, die in unserem Fall außenliegend auf die Fassade aufgebracht wurden. Man sieht das da vorne noch ganz gut. Die Fenster wurden auf Aluwinkel an die Fassade angeschraubt und luftdicht eingebaut, dann gibt es eine erste Wärmedämmebene, die ist 8 cm stark, die wird eben an den Flügel angearbeitet, flächig eben mit dem Fenster-Außenprofil. So wie man da die erste, dünnere hintere Lage sieht. Die ist verklebt worden mit der Fassade und zusätzlich noch angedübelt.
(Eberlgasse20130711x01.wav, 5.35 - 5.58)
Was man jetzt auch schon auf der Seite ganz gut sieht, ist die Abschrägung der Fensterlaibungen. Das haben wir eben gemacht, damit der Lichteinfall vergrößert wird. Jeweils seitlich und von oben. Gerade auf der Nordseite ist es ja ein wichtiges Thema, wo man ohnehin nicht so viel Licht kriegt. In unserem Fall wird es nord- und südseitig ausgeführt.

(Eberlgasse20130711x01.wav, 6.30 - 6.49)
Es gibt da ein mobiles Thermoschneidegerät, mit dem man dann relativ flexibel auch die Überdämmung der Fensterflügel einstellen kann. In unserem Fall sind es von der zweiten Schicht dann eben nochmal 10 cm, wo die volle Überdämmung ist und dann wird abgeschrägt, 45 Grad Winkel.

Die tiefen Fensterlaibungen waren auch ein Diskussionspunkt im Verhandlungsprozess mit den Baubehörden, wo es Überzeugungsarbeit zu leisten galt.

Andreas Kronberger:
Das war durchaus ein Diskussionspunkt. Das Argument ist oft dieses burgartige, mit den tiefen Fensterlaibungen, dass das halt optisch nicht so ansprechend wäre. Das muss man halt entkräften können, oder Überzeugungskraft leisten können, manchmal braucht man dann auch Hilfe von Vorgesetzten. [lacht]
Was die Luftdichtheit betrifft, wurde diese zuerst im Bestand vor der Sanierung gemessen. Das Training der mit Luftdichtheit befassten Professionisten erfolgte in einer Probewohnung.

Andreas Kronberger:
Wir haben einen Test gemacht, wo wir den Bestand abgeprüft haben. Das war sehr interessant, wir haben eine Wohnung im Erdgeschoß geprüft, eine im dritten Stock. Im Erdgeschoß, das war die Wohnung mit den Original-Kastenfenstern, da kamen wir auf einen Wert von 5, und die zweite Wohnung im dritten Obergeschoß, das war praktisch der Wiederaufbau, auch mit Kastenfenstern, allerdings Nachkriegskastenfenster, da kamen wir auf einen Wert von 8.
(Eberlgasse20130607x02.wav, 8.32 - 9.34)
Wir werden in ca. 2 bis 3 Wochen eine Wohnung abdrücken, mit allen Professionisten, um das Bewusstsein noch ein bisschen zu schärfen. Wir haben natürlich die Firmen beaufsichtigt, sie haben das Konzept bekommen, wie eszu machen ist. Das wurde auch so ausgeführt, wir wollen jetzt trotzdem eine vorweg überprüfen, um zu sehen mit den Firmen, wo sind Schwachstellen, wo gibt es Verbesserungsmöglichkeiten, dann wissen wir mehr.
Heikle Punkte sind alles, was an Durchdringungen der Hülle vorhanden ist. Das heißt natürlich grundsätzlich die Fenster, alle Installationen, Lüftung, Wasser, Elektro, und dann natürlich die Übergänge, Decke und Boden.

Die Probewohnung wurde schließlich solange hinsichtlich Luftdichtheit optimiert, bis der gemäß Passivhauskriterien geforderte n50-Wert von 0,6 pro Stunde unterschritten wurde.

Teil 3: Die Haustechnik

Kurzbeschreibung: Folgende haustechnische Maßnahmen wurden gesetzt:
  1. Einbau einer zentralen Lüftungsanlage. Die Errichtung des zentralen Haustechnikschachtes ohne Verziehungen war nicht einfach.
  2. Vorsehen kleiner Heizkörper in den Wohneinheiten (hydraulisches Heizsystem)
  3. Wärmeerzeugung über eine Grundwasser-Wärmepumpe plus 1000 L Pufferspeicher
Die Haustechnik - Lüftung und Heizung
Sanierung eines Gründerzeitgebäudes auf Passivhausstandard - Teil 3: Die Haustechnik

Andreas Kronberger:
(Der Technikraum im Keller besteht im Prinzip aus drei großen Einheiten. Wir haben zum einen die Lüftungsanlage, die sich hier befindet, die ist derzeit noch nicht in Betrieb. Da ist es so, dass wir von außen die Frischluft ansaugen, wollten wir ursprünglich vorwärmen durch das Erdreich, da haben aber auch Erfahrungen ergeben, dass das durchaus problematisch sein kann, weil sich da Sporen und Bakterien ansammeln und das Probleme mit Qualität der Wohnraumluft dann gibt.
Wir haben uns dann entschlossen, direkt an der Fassade die Luft anzusaugen, in einem großen Bogen im Keller zu führen, [um den Keller praktisch vorzuwärmen], und kommen dann in den Technikraum hinein, geht dann in die Zentrale mit dem Wärmetauscher, die Frischluft wird eben durch die Wärme der Abluft aufgewärmt, und geht dann retour in den zentralen Hausinstallationsschacht wieder hinauf und versorgt dann die Wohnungen.)
Nach wie vor werden im Zuge von Gebäudesanierungen selten Wohnraumlüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung eingebaut. Um den Passivhausstandard zu erreichen, ist aber eine solche Maßnahme natürlich unverzichtbar.
Im Falle der Sanierung in der Eberlgasse wurde eine zentrale Lüftungsanlage eingebaut. D.h. es gibt ein zentrales Lüftungsgerät im Keller, von welchem die Luftleitungen über einen zentralen Haustechnikschacht schließlich in die einzelnen Wohnungen geleitet werden.
Dazu der Bauphysiker Helmut Schöberl:

Helmut Schöberl:
Für die Lüftungsanlage gilt auch wieder, wie beim Neubau, wir versuchen grundsätzlich eher zentrale Lösungen finden aus Investkosten- und auch aus Wartungskosten-Reduktion. Das muss man bei der Sanierung auch immer anschauen, ob das möglich ist. Da gibt es verschiedene Varianten. Also beim ersten Gründerzeitgebäude auf Passivhausstandard, das saniert wurde, bei der Eberlgasse, hat sich dort ein schöner Zufall aufgetan, dass dort ohnehin Haustechnikschächte waren oder man hat es im Bereich der Sanitäreinheiten neu geschaffen, wo man einen zentralen Strang errichten hat können.
Bei Bestandsgebäuden ist die Nachrüstung von Zu- und Abluftrohrsystem aufgrund der gegebenen Bausubstanz oft schwierig. Insbesondere die Führung der Lüftungskanäle durch die einzelnen Geschoße ist in der Regel mit großem Aufwand verbunden. Obwohl im Fall des Gebäudes in der Eberlgasse teilweise bestehende Strukturen für die Leitungsführung genutzt werden konnten, stieß man dennoch bei der Errichtung des zentralen Haustechnikschachts auf nicht unerhebliche Schwierigkeiten.

Andreas Kronberger:
Jetzt gerade was den Installationsschacht anbelangt, um einen geraden Installationsschacht durch das Haus ziehen zu können, muss man halt zwischen Trämen irgendwo durch. Und wenn dieser Tram in jedem Geschoß irgendwo anders liegt, dann ist das schon ein Problem.
Der Haustechnikschacht mit Luft- und anderen Leitungen führt in unmittelbarer Nähe der Sanitäreinrichtungen zentral durch die Regelgeschoße, wodurch die Leitungswege kurz gehalten werden können. In den Bädern und WCs waren bereits im Bestand abgehängte Decken vorhanden. Die zusätzlich notwendigen Deckenabhängungen von etwa 25 cm im Bereich der Vorräume stellen im Altbaubereich bei ursprünglichen Raumhöhen von 3,20 bis 4,00 Metern keine Einschränkung für die Bewohner dar.

Die Beheizung der Wohnungen erfolgt nicht über die erwärmte Zuluft, wie das dem ursprünglichen Passivhauskonzept entspricht, sondern über relativ kleine Heizkörper, die in ein wassergeführtes Heizsystem eingebunden sind.
Zum Thema Luftheizung versus hydraulische Heizung empfehlen wir auch unsere Audioserie zum Passivhaus.
Die Entscheidung für ein wassergeführtes Heizsystem ist mit der Erhöhung von Bewohnerkomfort und -akzeptanz begründet, wie Andreas Kronberger erläutert.

Andreas Kronberger:
Theoretisch sollte ja das Passivhaus ohne Heizung komplett auskommen, (nur über die Rückgewinnung der Energie aus der Wohnraumlüftung.)
Wir haben uns aber dann entschlossen, eben aus diesen Erfahrungen, die bisher gemacht wurden, dass manchmal höhere Temperaturen gewünscht sind, die auch sehr unterschiedlich sein können, dass auch im Familienverband z.B. einzelne Zimmer stärker aufgeheizt werden und andere kühler gehalten werden wollen. Wir haben uns entschieden, doch einzelne Heizkörper vorzusehen, um die Räume unterschiedlich temperieren zu können, kommen aber mit einzelnen relativ kleinen Heizkörpern aus, die dann bei den Wohnraumlüftungen angeordnet sind und dadurch eben die warme Luft auch im Raum verteilen.
Bei einem Passivhaus müssen die Heizkörper nicht zwingend im Parapetbereich von Fenstern angeordnet sein, sondern können prinzipiell an einer beliebigen Stelle angebracht werden, da an den hochwärmedämmenden Fenstern es zu keinem Kaltluftabfall mehr kommen kann. Um die Leitungslängen zu minimieren, wurden die Heizkörper in der Nähe der Verteilschächte platziert, beispielsweise über den Türen.
In den einzelnen Wohnungen gibt es getrennte Steuergeräte für Heizung und Lüftung - elektronische Raumthermostate zur Temperaturregelung und eine Bedieneinheit zur Luftmengensteuerung.

Hinsichtlich der Energieversorgung wurde die Zielsetzung verfolgt, von fossilen Energien wegzukommen.

Andreas Kronberger:
Wir stellen komplett um auf alternative Energien, d.h. der Gasanschluss wird komplett abmontiert, wir sind weg vom Gas, wir haben eine Grundwasser-Wärmepumpe. Wir sind in einem ehemaligen Überschwemmungsgebiet der Donau. Wir hatten auch das Glück, dass in unserer Umgebung noch keine Grundwasser-Wärmepumpen in Betrieb sind. Von daher nützen wir also den natürlichen Wasserstrom der Donau und erzeugen den dafür notwendigen Strom mittels PV-Anlage am Dach.
Die Wärmebereitstellung für Raumheizung und Warmwasser erfolgt kombiniert und zentral mit einer Grundwasser-Wärmepumpe im nicht konditionierten Keller. Diese speist die erzeugte Wärme in einen 1.000 Liter Lastausgleichsspeicher für den Heizkreis und einen indirekt beheizten 1.000 Liter Warmwasserspeicher ein. Die thermische Nutzung des Grundwassers musste wasserrechtlich bewilligt werden.

Andreas Kronberger:
Das war relativ unproblematisch, es gibt die MA 58 ist das, glaube ich, die dafür zuständig ist, hat uns zum einen Daten zur Verfügung stellen können, was den Grundwasserstrom anbelangt, auch Erfahrungen aus der näheren Umgebung. Man muss das Konzept erstellen, wichtig ist eben, dass es keine Grundwasserpumpen in der näheren Umgebung schon gibt, dass da kein gegenseitiges Aufheizen erfolgt, dann ist es eigentlich relativ rasch und unkompliziert gegangen.

Teil 4: Die logistischen und kommunikativen Herausforderungen

Kurzbeschreibung: Der Koordinierungsaufwand war hoch, um die Sanierung durchführen zu können (die Wohnungen müssen dazu leer sein). Letztlich wurden Ferienaufenthalte der Mieter für die Sanierung genutzt. Der Bauherr gibt an, dass viel Überzeugungsarbeit für die Maßnahmen geleistet wurde und dass die Mieter eingeschult werden. Auch der Aufwand der Ausschreibung wird beschrieben, also der Vorgang, wie man zu ausführenden Firmen gelangte. Einige Firmen wurden vorher noch auf Besonderheiten eingeschult. Die logistischen und kommunikativen Herausforderungen - Koordinierung des Baustellenablaufs, Kommunikation mit den Mietern, Auswahl und Einschulung der Firmen
Sanierung eines Gründerzeitgebäudes auf Passivhausstandard - Teil 4: Die logistischen und kommunikativen Herausforderungen

Die Planung des zeitlichen Ablaufs der einzelnen Sanierungsmaßnahmen war eine logistische Herausforderung, und die frühe und intensive Zusammenarbeit zwischen Planung, ausführenden Gewerken und Bewohnerinnen und Bewohnern war für das Gelingen der abschnittsweisen Sanierung wichtig. So konnten einvernehmliche und individuelle Lösungen für die Sanierung der einzelnen belegten Wohneinheiten entwickelt werden.

Andreas Kronberger:
Der Koordinierungsaufwand ist relativ hoch, wir haben es eingeteilt in mehrere Abschnitte, wir haben gesagt, die leerstehenden Wohnungen, mit denen beginnt man bei der Sanierung. Zu allererst wird der zentrale Hausinstallationsschacht gemacht, dass praktisch alle neuen Leitungen hinaufgeführt werden. Dann werden die leeren Wohnungen saniert und würden den Mietern zur Verfügung stehen für eine Intensivphase von 3 Wochen, wo dann eben die bewohnten Wohnungen umgebaut werden. Es hat sich jetzt aber herausgestellt, dass es den Mietern einerseits gar nicht so recht ist, dass sie die Wohnungen komplett räumen müssen, selbst wenn sie am selben Stock eine Ersatzwohnung bekommen.
Durch Baukoordination ist es uns jetzt gelungen, das so zu machen, dass wir einerseits einfach Ferienaufenthalte nutzen, dass wir halt sagen, ok, eine Familie ist dann halt drei Wochen auf Urlaub, dann erfolgt eben diese intensive Phase in den drei Wochen. Bei anderen ist es so, dass sie Ersatz selbst gefunden haben, entweder Lebenspartner in der näheren Umgebung, wo sie bleiben können, oder Verwandte. Und ihnen das lieber war, dass man sagt, ok, man kann eben Möbel und das ganze Hab und Gut in den Wohnungen belassen, das wird in der Mitte in den Räumen zusammengestellt, abgedeckt, Elektroinstallation, Wasser, usw. wird an den Wänden außen geführt, Fenster eingebaut.
Die sehr intensive und bereits frühzeitig begonnene Kommunikation mit den Mietern war ein wesentlicher Gelingensfaktor für das Sanierungsprojekt in der Eberlgasse.

Andreas Kronberger:
Jetzt sind fünf Mieter noch im Haus, diese Mieter sind mit dem System schon relativ gut vertraut, weil das Erarbeiten des ganzen Konzepts sich doch über 2 Jahre gezogen hat, wir versucht haben, die Mieter auch miteinzubinden, um von Anfang an eine hohe Akzeptanz zu erzeugen.
Ganz unterschiedlich die Erfahrungen, Passivhaus - manche wussten mit dem Begriff schon was anzufangen, andere eben nicht. Wir haben da versucht, Überzeugungsarbeit zu leisten. Einige haben sich dann Passivhäuser angeschaut, haben in der Verwandtschaft, im Bekanntenkreis gefragt nach den Erfahrungen.
Es war nach einer gewissen Eingangsphase, wo eben Erklärungsphase bestand, relativ hohe Akzeptanz bereits. Die sind schon mit dem System recht gut vertraut, die wissen auch, wie es funktionieren wird. Wir werden trotzdem mit allen Mietern nach Fertigstellung, also mit den neuen, mit den alten, eine intensive Einschulung machen. Es gibt auch noch kleine Benutzerhandbücher,
dass dann eben Dinge wie Fenster offenlassen im Winter und System läuft vermieden werden.
Von der Notwendigkeit des Fenstertauschs mussten einige Mieter erst überzeugt werden.

Andreas Kronberger:
Was die Holzfenster anbelangt, niemand, weil die alle in einem derart schlechten Zustand waren, dass eher so die Reaktion war: "Endlich!", bei den Kunststoff-Fenstern war es schon so, dass manche gemeint hätten, naja, aber wir haben ja schon neue Fenster.
Es ist gerade bei den bewohnten Wohnungen auch mit Staub und Schmutz und Arbeitsaufwand verbunden, man muss die Flächen leerräumen, es muss danach auch gereinigt werden, wo man verständlicherweise möchte, dass möglichst wenig in den inneren Bereich des Wohnungsverbands eingegriffen wird.
[. . . ]
Ich habe sie von der Notwendigkeit überzeugen können. War ganz unterschiedlich. Die älteren Kunststofffenster, da war eindeutig, dass die schon ziehen, merklich. Wir sind im Winter davor gestanden und haben geschaut, Handprobe, schauen Sie, Sie merken jetzt schon, das sind neue Fenster, aber offensichtlich nicht dicht.
Bei denen der neuen Generation war es ein bisschen schwieriger, da konnten wir dann einfach erklären, dass diese Luftdichtheit nicht gegeben ist, viele wurden auch falsch eingebaut, auf die bestehenden Holzstöcke, wir hatten auch in einem Bereich einen ganz leichten Schimmelbefall. Und das waren alles Dinge, wo den Mietern schon klar war, dass das in Summe eine Verbesserung darstellt.
Die Auswahl und Einschulung der ausführenden Firmen ist ein wesentlicher Punkt bei einem derartigen Projekt.

Andreas Kronberger:
Wir haben, nachdem wir öffentliche Gelder verwenden, ja eine öffentliche Ausschreibung gemacht. Da haben wir einfach von Firmen Angebote erhalten, da gab es dann einen Preisspiegel, die besten Angebote wurden jeweils eingeladen zu einer Verhandlungsrunde, und in dieser zweiten Runde hat man sich dann angeschaut, ok, wie sind die Erfahrungen, haben die Firmen in dem Bereich schon was gemacht.
Wir haben Referenzen eingeholt, wir haben uns auch angeschaut, wieviel Mitarbeiter haben diese Firmen, ist es überhaupt realistisch, dass sie ein Projekt dieser Größenordnung durchzuführen.
(Eberlgasse20130607x03.wav, 30.25 - 30.44)
Da ist es wichtig, wirklich Firmen zu bekommen, die Erfahrungen in dem Bereich haben, die wissen, wie das zu machen ist und auch eine gewisse Größe haben meiner Ansicht nach, dass da wirtschaftlich eine Nachhaltigkeit da ist.

Das Training der Firmen hinsichtlich kritischer Ausführungspunkte ist wichtig, wie Andreas Kronberger am Beispiel des Fenstereinbaus erläutert:

Andreas Kronberger:
Die Firma hat zwar schon Fenster eingebaut, aber halt bisher auch nur im Neubau. Wir haben dann ein Probefenster machen lassen im Erdgeschoß, vor ein paar Monaten, dass wir uns gemeinsam mit dem Bauphysiker ganz genau angeschaut haben, und mit den Firmen, mit den Leuten, die das einbauen, nochmal durchgegangen sind, wo sind die kritischen, wo muss man genau aufpassen.

Teil 5: Die Kostensituation und die Frage der Multiplizierbarkeit

Kurzbeschreibung: Die Gesamtkosten betrugen etwa 1.920 Euro pro m2 Wohnnutzfläche. Dies umfasst alle Sanierungskosten, nicht nur thermisch relevante. Das Finanzierungskonzept wird beschrieben, insbesondere wie es im Einklang mit dem österreichischen Mietrecht steht. Die Wohnungsmiete beträgt nach Abschluss des Projektes "warm", also inkl. Warmwasser und Heizung, ca. 700 Euro pro Monat. Kosten und Finanzierung
Sanierung eines Gründerzeitgebäudes auf Passivhausstandard - Teil 5: Die Kostensituation und die Frage der Multiplizierbarkeit

Die gesamten tatsächlichen Errichtungskosten für die Passivhaus-Sanierung des Gebäudes in der Eberlgasse liegen bei etwas unter 1,2 Mio. Euro. Umgelegt auf die Wohnnutzfläche von 618 m2 ergibt das Gesamtkosten von etwa 1.920 Euro pro m2 Wohnnutzfläche. Die Sanierungskosten liegen damit in einem Bereich, der den Kosten für Neubauten im mehrgeschoßigen Wohnbau nahekommt. In den Sanierungskosten sind allerdings nicht nur Kosten für die thermische Hülle und die Haustechnik enthalten, sondern auch die Kosten für alle anderen Verbesserungsmaßnahmen, die im Zuge der Sanierung durchgeführt wurden. Dazu zählen beispielsweise die Errichtung einer Aufzugsanlage oder andere Maßnahmen zur Ermöglichung eines barrierefreien Zugangs.
Die Mehrkosten für die Erreichung des Passivhausstandards im Vergleich zu einer konventionellen Sanierung werden mit 266 Euro pro m2 Wohnnutzfläche angegeben und liegen damit 16% über den Kosten einer konventionellen Sanierung.
Die Kosten für Planung und Baubetreuung betragen 13,5% der Gesamtkosten, wobei der sehr engagierte Bauherr seinen Zeitaufwand nicht eingerechnet hat.

Andreas Kronberger:
Das ist unmöglich, das ist mein Beitrag dazu. Wenn ich das ansetzen würde, dann . . . [lacht]
Um die Finanzierung der Sanierungsmaßnahmen zu ermöglichen, erlaubt das österreichische Mietrecht, die Mieten befristet für einen Zeitraum von 15 Jahren anzuheben. Diese Mietpreiserhöhung wird in Wien von der Schlichtungsstelle berechnet. Die Mieten waren in der Eberlgasse 3 vor der Sanierung sehr niedrig, aber auch nach der Sanierung ergeben sich in Summe moderate Mietpreise.

Andreas Kronberger:
Die Mieten ändern sich aufgrund des Projekts. Wir haben gleichzeitig zur Sockelsanierung ein Paragraph 18 Verfahren eingeleitet. Das österreichische Mietrecht ist meines Wissens ja das strengste der Welt, in bestehende Verträge einzugreifen, ist praktisch unmöglich.
[. . . ] Wenn ich als Eigentümer nachweisen kann, dass dringend notwendige Erhaltungsmaßnahmen aus den Einnahmen der letzten 10 Jahre und der zukünftigen 10 Jahre nicht möglich sind, dann habe ich die Möglichkeit, befristet zur Abdeckung der Investitionskosten die Mieten anzuheben.
(Eberlgasse20130607x03.wav, 17.45 - 18.12)
Nach Sanierung setzt die Schlichtungsstelle, also das Bezirksgericht, die neue Miethöhe fest. Da wird eben kalkuliert, was sind tatsächlich die Sanierungskosten, von den Sanierungskosten wird die Förderung abgezogen, und von dem verbleibenden Rest eine erhöhte Miete auf 15 Jahre befristet eingehoben.

(Eberlgasse20130607x03.wav, 19.00 - 19.28)
Wir werden nach der Sanierung wahrscheinlich zwischen 6 und 7 Euro pro m2 liegen. D.h. wir haben dann eine Miete von 480 Euro für 80 m2, dann komm t die Umsatzsteuer dazu und halt die Betriebskosten, dann wird man sein so etwa bei 700 Euro, aber dann eben bereits mit den Warmwasser- und Heizungskosten.

Zur Frage der Multiplizierbarkeit

Andreas Kronberger:
Die Zielsetzung war oder ist weiterhin, dass es einen Multiplikatoreffekt gibt, dass ich also zeigen kann, es ist möglich grundsätzlich, es ist auch wirtschaftlich, für einen Investor interessant, weil nur dann ist dieser Multiplikatoreffekt gegeben. Nur dann wird es andere Hauseigentümer geben, die sagen, ja ok, ich tu mir den ganzen Mehraufwand an, das bedeutet ja nicht nur Mehraufwand mit den Mietern, Überzeugungsarbeit, sondern auch mit den Firmen. In der Sanierung gibt es keine Erfahrung. Es gibt Firmen, die haben im Neubaubereich Erfahrung mit Passivhauserrichtung, aber das ist halt auch einmal was anderes. Es ist wesentlich mehr Aufwand.
Um sich der Frage der Multiplizierbarkeit anzunähern, fassen wir zusammen, welche begünstigenden Faktoren, sogenannte Gelingensfaktoren, zum Gelingen der Passivhaus-Sanierung in der Eberlgasse beitrugen.

Sehr engagierter und motivierter Bauherr, der auch für Konzeption, Planung und Bauleitung mitverantwortlich war, mit Behörden und Mietern kommunizierte, und seine Arbeitszeit nicht verrechnete.
Erfahrene Planer, also Planer, die bereits hinsichtlich der Passivhaus-Spezifika in Neubau und Sanierung Erfahrung hatten. Die eingehende Analyse der Ausgangssituation diente als Basis für die Planung.
Genaue Koordinierung und Bauzeitenplanung, damit verbundener hoher Koordinationsaufwand. Das betrifft insbesondere die abschnittsweise Sanierung.
Intensive Betreuung und Anleitung der ausführenden Firmen. Bei kritischen Punkten wurden die Mitarbeiter der ausführenden Firmen eingeschult, die Ausführungsqualität wurde kontrolliert. In zwei Fällen konnte auch vom Billigstbieterprinzip abgewichen werden. In begründeten Fällen ist das bei geförderten Projekten möglich, muss aber in Wien vom Wohnfonds genehmigt werden.
Intensive Kommunikation mit den Mietern, frühe Einbindung der Mieter. So konnte die notwendige Informations- und Überzeugungsarbeit geleistet werden.
Hartnäckigkeit und Zähigkeit beim Umgang mit den Behörden. Widerstände und Bedenken von seiten der Behörden konnten so ausgeräumt werden. Falls notwendig, konnten Ausnahmegenehmigungen - wie im Fall der 32 cm dicken Fassadendämmung - erreicht werden.

Die Summe all dieser begünstigenden Faktoren war also für das Gelingen des Sanierungsprojekts Eberlgasse ausschlaggebend. Wenn diese Faktoren nicht gegeben sind bzw. bereits, wenn ein Teil dieser Faktoren nicht gegeben ist, ist fraglich, ob eine vergleichbar ambitionierte Sanierung realisiert werden kann.
Auch die Mehrkosten von 16% im Vergleich zu einer konventionellen Sanierung sind nicht unerheblich. Durch die im Zuge der Sockelsanierung gewährte Förderung konnten die Mehrkosten nicht zur Gänze abgedeckt werden. Andererseits ist auch die Gebäude- und Wohnqualität höher als bei einer konventionellen Sanierung.
Durch das Beispiel des Sanierungsprojekts in der Eberlgasse wurde gezeigt, dass eine Sanierung eines Gründerzeithauses auf Passivhausstandard grundsätzlich möglich ist, unter der Voraussetzung, dass eine Dämmung der Fassade in einer ausreichenden Dicke erlaubt ist. Ein derartiges Leuchtturmprojekt setzt damit einen Meilenstein und bietet Orientierung für ähnlich ambitionierte Vorhaben.
In diesem Zusammenhang möchten wir auch auf den Bericht zum Projekt mit dem Titel "Sanierung Gründerzeitgebäude Eberlgasse auf Passivhausstandard" hinweisen, der auch eine inhaltliche Grundlage für diesen Beitrag darstellte, und in dem wesentliche Punkte der Sanierung auch fotografisch dokumentiert sind.

Hilfreiche Quellen

  1. Helmut Schöberl, J. Schleger und Andreas Kronberger. Sanierung Gründerzeitgebäude Eberlgasse auf Passivhausstandard. 2015. url: http://www.hausderzukunft.at/results.html/id7142 (besucht am 03. 04. 2016)
  2. Gründerzeit mit Zukunft. url: http://www.gruenderzeitplus.at (besucht am 03. 04. 2016)